Auch Gastronomen in Ingolstadt müssen auf Personalmangel reagieren, um Betrieb am Laufen zu halten
„Es ist tatsächlich knapp“

25.06.2022 | Stand 25.06.2022, 7:35 Uhr
−Foto: Brandl

Von Michael Brandl

Dass im Restaurant das Tagesgericht einmal ausgeht, kann bei großer Nachfrage vorkommen. Dass der gemischte Braten nicht wie gewohnt serviert wird, weil das Personal fehlt, ist dagegen ein Umstand, der dem Gast neu sein dürfte. Mittlerweile ist das Teil der Realität mancherorts in der Gastronomie: kleinere Speisekarten, kürzere Öffnungszeiten, weniger Plätze. Geschuldet ist das auch Corona: Erst kam das Virus, dann der Lockdown – dann kehrten Beschäftigte der Branche den Rücken. Auch Gaststätten in Ingolstadt haben auf die angespannte Situation reagieren müssen, wie eine Nachfrage unserer Zeitung ergab. Doch nicht alle sind gleichermaßen betroffen.

„Es ist tatsächlich knapp. Wenn jetzt ein oder zwei Leute krank würden, müssten wir die Öffnungszeiten verkürzen“, sagt Martin Müller, Wirt im Mooshäusl, angesichts der Personaldecke. Dabei spart er ohnehin schon Kapazitäten ein und hat aktuell die Plätze im Biergarten rund um die Hälfte reduziert, um das Geschäft personell bewältigen zu können, wie er erklärt. „Sonst wäre es unmöglich, sechs Tage in der Woche offen zu haben“, ergänzt Müller. Bereits im Januar habe er begonnen, Kräfte zu suchen. Im Moment seien es vor allem langjährige Mitarbeitende, die er beschäftige.

Wie angespannt die Lage auch anderswo ist, zeigt sich beim Kontakt mit dem Wirt einer Gastwirtschaft im Zentrum. Er findet auf Tage hinaus nicht einmal die Zeit für ein Telefonat. Fünf bis sechs Termine am Tag seien momentan zu bewältigen – und das mit wenig Personal, sagt er kurz und muss auch schon weiter. Etwas entspannter kann Englwirt Sascha Lachner derzeit auf die Saison blicken. Die Schankwirtschaft könnte zwar zusätzliches Personal vertragen, wie Lachner sagt. Im Moment stemme er den Betrieb mit Stammaushilfskräften für das Wochenende aber auch so ganz gut. Ob das auf Dauer funktioniert, daran habe er allerdings Zweifel. Denn Leute, die einen Job in der Gastronomie suchen, stehen auch bei ihm nicht Schlange. „Dieses Jahr hat eine Studentin nachgefragt“, sagt Lachner.

Willy Pickl vom Gasthaus Daniel in der Ingolstädter Altstadt wirkt dagegen konsterniert: „Seit 32 Jahren führe ich den Daniel jetzt“, erklärt er. „Aber so etwas wie heute ist mir noch nie passiert: Ich musste den Laden über Mittag zusperren, weil wir abends eine Veranstaltung haben. Weil ich dafür mehr Personal brauche wie sonst, habe ich keine Leute mehr für den Mittagsbetrieb.“ Ein Kellner habe ihn vor kurzem erst verlassen, der mache jetzt eine Lehre bei Kaufland. Die Angst vor der nächsten Corona-Welle sieht Pickl als einen der Hauptgründe für das Ausbleiben des Personals für Gaststätten: „Die Leute haben einfach Bedenken, dass wieder zugesperrt wird. Und beim Kurzarbeitergeld wird das Trinkgeld für Servicekräfte ja nicht eingerechnet. Da fehlen dir schnell mal ein paar hundert Euro im Monat oder mehr.“ Nun sucht er nach neuem Personal – über Aushänge, Zeitungsanzeigen und das Internet. „Relativ gut“, sagt dagegen Wirtin Monika Häusler, sei die personelle Lage im Biergarten Mo Neue Galerie an der Bergbräustraße. Schwierig sei es jedoch, Aushilfen für Küche und Reinigung zu finden. „Das wollen viele nicht machen“, sagt sie. Manchmal seien auch fehlende Sprachkenntnisse ein Hindernis. Sie könne seit Aufhebung der Beschränkungen nach wie vor auf ihr Stammpersonal bauen, das ihr schon lange die Treue halte. Wenn es dennoch einmal knapp werde, helfe der Nachwuchs ihrer Beschäftigten aus. „Das ist fast wie in einem Familienbetrieb“, so Häusler, die während des Lockdowns etwa das Kurzarbeitergeld aufgestockt hat, um das Auskommen ihrer Belegschaft in der Krise zu sichern, wie sie sagt. Bisher habe sie weder Öffnungszeiten verkürzen müssen noch Plätze reduzieren. Ohnehin hätten sich die Aufenthaltsgewohnheiten der Gäste verändert, stellt sie fest. „Sie essen, trinken und dann ziehen viele weiter“, sagt sie.