"Es ist einfach nur ekelerregend"

Zustand der Hundszeller Grundschule empört den Elternbeirat

29.07.2021 | Stand 29.07.2021, 0:25 Uhr
Schule Hundszell −Foto: Eberl

Zustand der Hundszeller Grundschule empört den Elternbeirat

Von Christian Silvester

Dort, wo in einem WC die Kacheln herausgebrochen sind, kann man in das Mauerwerk der Hundszeller Grundschule schauen. Und das lässt tief blicken: Rostige Rohre führen zu Schüsseln, die viele Kinder längst nicht mehr benutzen wollen. Lieber gehen sie daheim auf die Toilette. "Es ist einfach nur ekelerregend", sagt Sebastian Hamberger, der Vorsitzende des Elternbeirats der Grundschule Haunwöhr mit ihrer zwei Klassen zählenden Filialschule im Ortsteil Hundszell. In den WCs gibt es kein warmes Wasser. Es ist verboten, aus Hähnen zu trinken: zu dreckig. Diese Schule steht in Bayern. Die Verantwortung trägt die Stadt Ingolstadt.

In den Klassenzimmern findet die Misere Fortsetzung: In der Deckenverkleidung klaffen große Löcher. Fensterscheiben sind trübe. Auch für andere Installationen gilt: Besser nicht so genau hinsehen. "Schon als ich hier 1982 Schüler war, hat es schlimm ausgeschaut", erzählt Markus Bauch, der stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende. Im Lauf der Jahrzehnten, da in der Schule Hundszell vieles nur provisorisch repariert, jedoch nichts grundlegend saniert wurde, verkam das 1904 eingeweihte Haus immer weiter. "Alles ist völlig unzumutbar", sagt Hamberger. Sähe es in einem deutschen Unternehmen so aus, wäre das absolut unakzeptabel, sagt er. Und fügt traurig an: "Aber mit Kindern kann man's ja machen. "

Auch in der Schule Haunwöhr steigt der Problemdruck
Die Grundschule Haunwöhr ist ebenfalls sanierungsbedürftig. WCs seien verstopft, es regne durchs Dach, berichten die Elternvertreter. Im neuen Schuljahr sollten die drei zweiten Klassen in Haunwöhr und die zweite Klasse in Hundszell in den Nordtrakt des Schulzentrums Südwest versetzt werden, damit die Sanierungsarbeiten sowie der Bau eines Erweiterungstrakts in Haunwöhr vorbereitet werden können. Die neuen Busfahrkarten wurden schon ausgegeben. Doch Anfang Juli stoppte das Schulverwaltungsamt alle Pläne und damit den Umzug in die Ersatzschule abrupt. Die Regierung von Oberbayern hatte, wie berichtet, den vorläufigen Baubeginn nicht genehmigt, weil sie die Sanierung einer derart kleinen Schule für unwirtschaftlich hält. So entgeht der Stadt ein Zuschuss des Freistaats in Höhe von rund 450 000 Euro.

Vorige Woche ließen Eltern in einer emotionalen Sitzung des Bezirksausschusses (BZA) Südwest ihrem Verdruss freien Lauf. Das Bürgergremium legte einstimmig der Verwaltung ans Herz, die Sanierung auch ohne das Geld aus München endlich anzugehen. Im Altbau sollen zwei Klassen bleiben, für weitere zwei Klassen wird gemäß einem Plan aus dem Jahr 2016 ein neuer Anbau errichtet.

In der Sitzung am heutigen Donnerstag (Beginn 13 Uhr im Festsaal) befasst sich der Stadtrat mit dem Thema (Punkt 53). Das Presseamt teilt mit: "Der Stadtrat wird um die grundsätzliche Entscheidung gebeten, die Grundschule Haunwöhr/Filialschule Hundszell mit vier Klassen als Sanierung mit Teilneubau in der weiteren Planung weiterzuverfolgen."

Elternvertreter Hamberger findet es ermutigend, "dass im BZA alle dafür waren". Jedoch: "Wir sind jetzt bei den Planungen wieder da, wo wir vor fünf Jahren waren. Und das stimmt mich wenig optimistisch. " Er beklagt ein "totales Durcheinander", argumentativ wie organisatorisch, und bittet die Stadt, "den Eltern mit besserer Information die Sorgen zu nehmen", schließlich müssten die Grundschüler in den kommenden Jahren wegen der Sanierungsmaßnahmen ins riesige Schulzentrum Südwest übersiedeln, "wo es keine Kinder, sondern nur Jugendliche gibt".

Bildungsreferent Gabriel Engert sagt: "Es ist die bessere Lösung, die Schule zusammenzuhalten und nicht einzelne Klassen auszulagern, denn es sind kleine Kinder." Im Herbst 2022 soll die gesamte Grundschule Haunwöhr in das Schulzentrum verlegt werden, dessen Nordteil bis dahin komplett als voll ausgestattete Ersatzschule zur Verfügung stehe. Wie man mit den Klassen in Hundszell verfahre, werde geprüft. Sie bleiben wohl in ihrem Haus, bis frühestens 2023 dessen Sanierung beginnt.

Medienraum muss zum Klassenzimmer werden
In Haunwöhr steigt der Problemdruck enorm. "Die Schule platzt aus allen Nähten", sagt Elternbeirat Bauch. Im September komme eine fünfte 1. Klasse dazu. "Der Medienraum als bisher letzter Ausweichraum muss zum Klassenzimmer umgebaut werden, was mit der drängenden Sanierung natürlich nichts zu tun hat. Allein für die Inklusionsschüler bleibt faktisch nicht mal mehr eine Besenkammer. " Hamberger ergänzt: "Der Medienraum dient als Rückzugsort für Kinder mit besonderem Förderbedarf. " Und er solle zudem einer Schulsozialarbeiterin zur Verfügung stehen, deren Einsatz angekündigt ist. "Was passiert jetzt? " Er wisse es nicht.

Engert stellt grundsätzlich fest: "Ja, die Haunwöhrer Schule ist voll. " Komme die fünfte Eingangsklasse hinzu, "wird es extrem eng". Der Computerraum sei entbehrlich, weil Tablet-PCs in Koffern in die Klassenzimmer gebracht werden. Baureferent Gero Hoffmann kann nichts für die jahrelangen Sanierungsverzögerungen. Er ist erst seit Februar im Amt. "Der nun vorgeschlagene Ansatz der Weiterentwicklung der Filialschule Hundszell mit vier Klassen soll planerisch nach der Sommerpause wieder aufgegriffen und möglichst rasch zur Projektgenehmigung dem Stadtrat vorgelegt werden. Im Anschluss erfolgen die Ausführungsplanung und die Ausschreibungen der Baugewerke. Mit einem Baubeginn wird frühestens 2023 gerechnet. Die Bauzeit beträgt ca. 1,5 Jahre", so Hoffmann.

Hoffmann erläutert die Umzugspläne für die Haunwöhrer und Hundszeller Schüler in das Schulzentrum: "In einem ersten Schritt wurde das 1. Obergeschoss für die Auslagerung von vier Klassen hergerichtet. Diese Arbeiten wurden fristgerecht fertiggestellt und wären zum Schuljahr 2021/22 bezugsfertig gewesen. Teile des Erdgeschosses und die übrigen Obergeschosse werden bis Sommer 2022 saniert und angepasst und stehen zum Schuljahr 2022 / 2023 inklusive der notwendigen Umzugszeiten zur Verfügung. Dieser Zeitplan wird nach wie vor gehalten. "

SPD fordert Maßnahmenplanfür alle Schulsanierungen
Für die SPD ist der Fall Hundszell "leider nur ein Beispiel von vielen", wie es in einem Antrag heißt. Fraktionschef Christian De Lapuente sieht an den Ingolstädter Schulen "einen großen Sanierungsstau, der sich über viele Jahre aufgebaut hat". Vor allem den Zustand der Toiletten finde er "empörend". Er frage sich: "Wieso wurden - bei einem soliden Haushalt - die Schulsanierungen anscheinend über Jahre verschleppt? " Die SPD wünscht sich, dass die Stadtverwaltung einen Maßnahmenplan vorlegt, "mit dem die längst überfälligen Schulsanierungen endlich angegangen werden können".