Interview zur Vertragsverlängerung
ERC-Stürmer Daniel Pietta über seine Motivation: „Ich sehe noch den Ehrgeiz in mir“

08.01.2025 | Stand 09.01.2025, 7:02 Uhr |

Vorbild für und Lieblingsspieler von vielen: ERC-Mittelstürmer Daniel Pietta ist für Selfie-Jäger ein beliebtes Ziel. Foto: Traub

Sportdirektor Tim Regan nennt ihn „eine spielende DEL-Legende“: Daniel Pietta bleibt bis mindestens 2026 beim ERC Ingolstadt, der Klub gab am Mittwoch die Verlängerung des Vertrages bekannt. Mit unserer Zeitung spricht der 38-Jährige über seinen Bairisch sprechenden Sohn, die Motivation im hohen Eishockey-Alter und seine Trainerausbildung.

  

Herr Pietta, die kommende Saison wird Ihre 23. in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), die sechste als Panther. Spricht Ihr achtjähriger Sohn Henry eigentlich schon ein bisschen Bairisch?

Daniel Pietta: Ja, tatsächlich. Ab und zu haut er mal einen Brüller raus (grinst).

Was sagt er dann?
Pietta: Ich kann kein Bairisch. Ich bleibe dabei, dass ich nur Hochdeutsch rede. Außer Servus, das kriege ich schon hin. Wir fühlen uns wohl in Ingolstadt, Henry fühlt sich sehr wohl, meine Frau fühlt sich sehr wohl, Luna fühlt sich auch sehr wohl, auch wenn sie mit zwei Jahren noch nicht so viel sagen kann (lacht). Aber man merkt, dass sie glücklich sind. Meine Frau kommt aus Nürnberg, meine Schwiegereltern sind in der Nähe. Dementsprechend war es eine einfache Entscheidung.

Haben Sie sich mit Sportdirektor Regan per Handschlag geeinigt?

Pietta: Nach dem Motto: Wenn ich Lust habe, dann bleibe ich? Nein, leider nicht. Das wäre schön. Es geht am Ende des Tages immer darum, dass man Leistung bringt. Natürlich haben wir ein gutes Verhältnis, aber es wird schon diskutiert, ob das Sinn macht oder nicht, ob die Leistung stimmt.

Sie haben die Marke von 1000 DEL-Spielen geknackt, sind nun auch Rekord-Vorlagengeber der Liga. Noch drei Scorerpunkte, und Sie ziehen mit dem zweitplatzierten Daniel Kreutzer (799 Zähler laut der Statistikwebsite Eliteprospects.com) gleich. Erster ist Patrick Reimer mit 858 Punkten. Ist das jetzt das neue Ziel?

Pietta: Das wird im nächsten Jahr schwierig (lacht).

Spielen bis 40 durchaus möglich



Ja, aber Sie wollen ja auch bis mindestens 40 spielen.
Pietta: Stimmt. Wenn ich meine Leistung bringe, kann ich da wahrscheinlich mitreden. Aber das ist jetzt nicht das große Ziel. Gerade dieses Jahr, wo wir wieder so gut spielen, ist für mich persönlich wichtiger, dass man als Team maximal erfolgreich ist. Auch wenn das noch ein weiter Weg ist. Es macht dieses Jahr echt Spaß und man merkt, dass viel möglich ist.

Die Chance ist wahrscheinlich so groß wie noch nie in Ihrer Ingolstädter Zeit, oder?

Pietta: Das würde ich nicht sagen. Vor zwei Jahren war sie auch groß, genauso in der Corona-Saison 2020/21. Wir haben jedes Jahr eine Chance, was zu gewinnen, wenn alles passt. Zumindest haben wir in jedem Jahr Play-offs gespielt, was eines meiner Ziele war, als ich aus Krefeld weggegangen bin. Ich sehe mich noch fit, sehe noch den Ehrgeiz in mir, mich jeden Sommer fit zu machen für die nächste Saison.

Müssen Sie im Sommer inzwischen mehr machen als früher, um auf dem nötigen Fitnesslevel zu sein – gerade als Stürmer?

Pietta: Ich mache mehr als mit Anfang 20, ja. Aber ich glaube, ich mache eher das Richtige, anstatt einfach nur zu pumpen. Heute achte ich mehr darauf, dass ich wirklich fit bin.

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In der Liga gibt es drei Spieler, die älter sind als Sie – zum Teil nur ein paar Tage: der Augsburger T.J. Trevelyan (40), der Kölner Moritz Müller (38), der womöglich nach der Saison aufhören möchte, und der Düsseldorfer Kyle Cumiskey (38). Wer von Ihnen wird am längsten spielen?

Pietta: Mit T.J. habe ich im Sommer den Trainerschein gemacht. Der ist trotz seiner 40 Jahre immer noch gut. Mo Müller ist immer noch Nationalspieler, und Cumiskey spielt super in Düsseldorf. Ich weiß nicht, wer am längsten spielt, aber natürlich würde ich mich schon in den Ring schmeißen, dass ich das hinkriege, noch ein paar Jahre zu spielen (grinst).

In Ingolstadt fungieren Sie auch als eine Art Mentor für jüngere Spieler. Wenn Sie sehen, dass Philipp Krauß in seinen Bewegungen teils an Sie erinnert, immer besser wird und es ins Nationalteam schafft – macht Sie das stolz?

Pietta: Ja natürlich. Aber die Bewegungen macht er schon ein bisschen eleganter (lacht). Wir reden viel und spielen seit zwei Jahre immer mal wieder zusammen. Das funktioniert einfach. Es macht mir Spaß, den Jungs das eine oder andere sagen zu können. Ich habe ja ein paar Jahre auf dem Buckel und daher Erfahrungen, die ich weitergeben kann und will. Es ist natürlich toll, die Jungs auch in der Nationalmannschaft zu sehen.

Pietta absolviert die Trainerausbildung

Sie müssen ja allein schon weitermachen, um auch den Krefelder Luca Hauf, der als Kind im Pietta-Trikot herumlief, an die DEL heranzuführen. Aktuell spielt er beim ERC-Kooperationspartner in Ravensburg, nächste Saison wohl vermehrt in Ingolstadt. So lautet zumindest der Plan.

Pietta: Das ist natürlich leistungsabhängig. Aber wenn ein Spieler willig ist zu lernen, dann mache ich das gerne. Ich versuche mitzuhelfen, dass die nächste Generation gut aufgestellt ist, dass das Eishockey in Deutschland vielleicht auch noch mal einen Schritt nach vorne macht.

Sie trainieren nebenbei die U 9 des ERC und haben Ihre Trainerausbildung schon angesprochen. Wie läuft die genau ab?

Pietta: Ich habe im Sommer einen C-Schein gemacht. Das sind zwei Wochenenden, eines in Präsenz in Füssen und eines virtuell am Laptop. Man muss eine Videolehrprobe abgeben, das war Anfang Dezember. Im kommenden Sommer plane ich den B-Schein. Die Ausbildung verändert auch den Blick auf das eigene Spiel, man versteht die Gedankengänge und Entscheidungen eines Trainers ein bisschen besser. Das Ganze macht mir großen Spaß. Am Anfang hatte ich die Sorge, dass die Regeneration ein bisschen drunter leidet. Aber das ist nicht der Fall.

Wenn Sie wirklich irgendwann aufhören: Schwebt Ihnen eher eine Trainertätigkeit im Nachwuchs oder bei den Senioren vor?

Pietta: Nachwuchs in Verbindung mit Senioren. Als Cheftrainer von Profis musst du die Motivation auch im Englischen hinkriegen. Die erfahrenen Spieler hören genau zu, jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt. Das ist Stand jetzt nicht mein Plan, aber sage niemals nie. Eher sehe ich mich als Entwicklungstrainer, im Übergang vom Nachwuchs zu den Senioren. Oder als Spezialtrainer, etwa für Bullys. In der NHL gibt es das, vielleicht auch irgendwann bei uns. Du hast 60 bis 70 Bullys pro Spiel – wenn du da einen Vorteil dem Gegner gegenüber hast, ist das genauso wichtig wie das Powerplay.

Geht es nochmal zum Heimatklub nach Krefeld?



Zwei Drittel der Hauptrunde sind vorbei. Was gefällt Ihnen bislang besonders gut – und was könnte noch besser werden?

Pietta: Besonders gut ist, dass jeder sein Ego hinten anstellt und sich nicht zu fein ist, einen Schuss zu blocken oder nach hinten mitzuarbeiten. Das zeichnet gute Mannschaften aus, und das macht in unserer Mannschaft jeder. Jeder gönnt dem anderen seinen Erfolg. Trotzdem können wir immer noch besser in Unter- und Überzahl spielen, noch effizienter werden. Wenn wir perfekt wären, dann wäre auch was falsch.

Ihr legendärer Zehn-Jahres-Vertrag bei den Krefeld Pinguinen wäre in diesem Jahr ausgelaufen. Gibt es eine Chance, dass Sie noch mal für Ihren Heimatklub spielen? Und wenn ja, müsste der erst aufsteigen?

Pietta: Die Chance wird es bestimmt noch mal geben. Die gab es jetzt auch, aber ich fühle mich noch so, dass ich in der DEL eine gute Rolle spielen kann. Ich glaube, dass es eine gute Entscheidung ist, hier zu bleiben. Mir ist wichtig, dass sich alle wohlfühlen, gerade jetzt mit zwei Kindern. Also: Ja, ich kann es mir vorstellen. Krefeld ist immer noch irgendwo mein Verein. Umso mehr wieder, nachdem sich die Strukturen dahingehend geändert haben, dass der Klub wieder in ruhigem Fahrwasser ist. Ob es dann DEL oder DEL2 ist? Je höher, desto besser. Aber ich würde gerne bis mindestens 40 DEL spielen.

Mehr als 100 Länderspiele, fünf WM- und die Olympia-Teilnahme 2022, bester Vorlagengeber (544 Assists) und Mitglied im 1000er-Klub der Deutschen Eishockey-Liga (DEL): Daniel Pietta (38) zählt zu den größten Namen im deutschen Eishockey. In der Saison 2003/04 debütierte der Mittelstürmer für seinen Heimatklub Krefeld in der DEL. Nachdem ihn die Pinguine vergrault hatten, wechselte „Pietzi“ 2020 zum ERC Ingolstadt. Für die Panther sammelte er in bislang 243 DEL-Spielen 165 Scorerpunkte und erreichte 2023 das Finale um die deutsche Meisterschaft. „Auf ihn kann man sich in allen Spielsituationen verlassen, er ist nach wie vor einer der besten Bullyspieler der Liga und produziert konstant. Darüber hinaus ist er mit seiner Erfahrung ein wichtiger Ansprechpartner im Team und identifiziert sich zu hundert Prozent mit Ingolstadt und dem ERC“, adelt ihn Panther-Sportdirektor Tim Regan. In der laufenden Spielzeit steuerte Pietta in einer Sturmreihe mit Philipp Krauß und Austen Keating 19 Punkte (5 Tore/14 Vorlagen) zum Teamerfolg bei.