Die Folgen von Corona
Einschränkungen auch für Bayerns Strafgefangene: Hafturlaub bleibt vorerst gestrichen

Große Akzeptanz der Auflagen bei JVA-Insassen in Neuburg

14.11.2021 | Stand 14.11.2021, 7:02 Uhr

Auch im Aichacher Gefängnis gibt es wegen Corona Einschränkungen beim Besuchsrecht. Foto: Hildenbrand, dpa

München/Ingolstadt – Selbst da, wo es am wenigstens Freiheiten gibt, sorgt die Corona-Pandemie für weitere Einschränkungen. Die Gefangenen in Bayerns Justizvollzugsanstalten (JVA) müssen angesichts der aktuellen Entwicklungen zusätzliche Auflagen hinnehmen. Urlaube sind vorerst gestrichen, auch das Besuchsrecht wurde eingeschränkt.

Von Horst Richter

Das bayerische Justizministerium will damit nicht nur die Häftlinge, sondern auch das Personal schützen. Seit Ausbruch der Pandemie wurden trotz aller Schutzmaßnahmen bereits 311 Gefangene und 432 Bedienstete positiv auf das Corona-Virus getestet.



Im Raum Ingolstadt gibt es vier Gefängnisse. Eines befindet sich in der Ingolstädter Altstadt, wo Häftlinge, die kurz vor der Entlassung stehen, im offenen Vollzug sitzen. Sie erhalten zur Resozialisierung vermehrt Freigang, um „draußen“ zu arbeiten. Eichstätt hat ein Abschiebegefängnis, daneben existiert die Jugendstrafanstalt in Neuburg-Herrenwörth sowie die JVA Neuburg für erwachsene Männer im Gebäude der früheren Hofreitschule. „Aufgrund des Eintritts der roten Warnstufe am 9. November mussten die vollzugsöffnenden Maßnahmen eingeschränkt werden“, teilte das Ministerium unserer Zeitung zur Lage in den bayerischen Gefängnissen mit.

„Seitdem sind grundsätzlich nur noch dringend erforderliche Einzelausführungen und -ausgänge in Begleitung von Bediensteten möglich“, hieß es. Dem Freigang komme bei der Resozialisierung jedoch eine besondere Bedeutung zu, er werde geimpften und genesenen Gefangenen im offenen Vollzug daher weiter gewährt. Häftlinge müssten jedoch alle vorgegebenen Schutzvorkehrungen beachten. „Die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregelungen kann bei der Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses deutlich besser gewährleistet werden als bei Urlauben.“

Das „schmeckt“ nicht allen Betroffenen, wie ein Freigänger diese Woche im Gespräch mit unserer Zeitung berichtete. „Zum Arbeiten dürfen wir raus, zu unseren Familien nicht“, klagte der Mann. „Dabei wäre es wichtig, zum Ende der Haftzeit mehr Freiraum zu haben.“ Zudem ließen sich die Abstandsregeln oft nicht einhalten, etwa bei der Fahrt zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die meisten Gefangenen verhalten sich jedoch kooperativ, zumindest im Neuburger Gefängnis, wie dessen Leiter Nikolaus Riedelsheimer bestätigte. Laut Ministerium ist das in vielen anderen Anstalten ebenso, obwohl Gefangene seit Dienstag nur noch Besuch von einer statt zwei Personen erhalten dürfen – sofern diese geimpft, genesen oder getestet sind. „Wir erhalten fast täglich ministerielle Schreiben über Regelungen zum Thema Corona“, sagte JVA-Chef Riedelsheimer – seit Ausbruch der Pandemie sind es nach seiner Zählung bisher 473. Die Mitteilungen aus München tragen indes nicht immer zur Freude der Häftlinge bei, sind sie doch oft mit diversen Einschränkungen verbunden. „Ich bin aber immer noch überrascht, wie besonnen das von den meisten aufgenommen wird.“

Das sei umso erstaunlicher, als Urlaub und Besuche die einzigen Lichtblicke im Alltag hinter Gitter bedeuten. „Da ist es schon ein großer Einschnitt, wenn das nicht mehr in der gewohnten Weise möglich ist. Aber die Gefangenen machen nach wie vor sehr gut mit“, sagte Riedelsheimer. Das spiegele sich auch in der Impfquote wider: „80 Prozent sind zweimal geimpft, weitere fünf Prozent einmal.“ Zum Vergleich: Die Gesamtbevölkerung im Freistaat kommt beim Vollschutz gerade mal auf 65,4 Prozent, mit Erstimpfungen sind es 67,1 Prozent. Wie der JVA-Chef erklärte, werde das eingeschränkte Besuchsrecht durch die großzügigere Zulassung von Telefonkontakten ausgeglichen.

Von den 311 bisher positiv getesteten Gefangenen in Bayern waren 136 Neuzugänge. Da solche grundsätzlich erst für zwei Wochen in Quarantäne kommen, konnten sie niemanden anstecken. Insgesamt sieht das Ministerium die Menschen in den 36 JVAs im Freistaat gut gegen Corona gerüstet. „Die Schutz- und Hygienemaßnahmen werden fortlaufend aktualisiert und an das Infektionsgeschehen und die örtlichen Gegebenheiten angepasst.“

DK