Einen zweiten Lockdown „können wir uns definitiv nicht leisten“

Wirtschaftsgespräch der IHK-Regionalausschüsse der Region Ingolstadt mit Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert

07.07.2020 | Stand 07.07.2020, 14:35 Uhr
IHK −Foto: oh

Wirtschaftsgespräch der IHK-Regionalausschüsse der Region Ingolstadt mit Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert

(ty) Wie geht es weiter mit der Wirtschaft in der Region, wie sind die Aussichten, welche Chancen gilt es zu ergreifen? Das erste Wirtschaftsgespräch der IHK-Regionalausschüsse der Region Ingolstadt mit Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert (FW) als prominentem Gast wollte vor allem eins: nach vorn schauen und Mut machen. In dem per Livestream übertragenen Talk stand Weigert den Vorsitzenden der IHK-Regionalausschüsse Ingolstadt (Fritz Peters), Neuburg-Schrobenhausen (Hartmut Beutler), Pfaffenhofen (Eduard Kastner) und Eichstätt (Alexander Kessel) sowie den Zuschauern Rede und Antwort.

Gleich die erste Frage des Ingolstädter Unternehmers Fritz Peters sprach ein Thema an, von dem das Hochfahren der Wirtschaft massiv abhängt: Investitionen und die Rolle des Staates. Weigert bestätigte, dass in der Region insbesondere die Investitionen des Freistaates fortgeführt werden wie geplant, beispielsweise der THI-Campus in Neuburg. Gleichzeitig mahnte er zum Maßhalten, denn auch die Mittel der öffentlichen Hand seien letztlich nicht unendlich vermehrbar. Schulden von heute bedeuten immer auch eine Verpfändung des Wohlstands der Zukunft.

Sorge bereite der Wirtschaft, so Bauer-Vorstand Hartmut Beutler aus Schrobenhausen, wie sich die Kreditversorgung des Mittelstands ab 2021 gestalten werde. Dann melden die Unternehmen ihre Verlustbilanzen an die Banken. In der Folge werden sich die Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit und damit ihre Kreditversorgung verschlechtern. Für die Unternehmen ist das eine düstere Perspektive. Beutler mahnte die Staatsregierung, diese Entwicklung dringend zu prüfen und mit geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern.

Den Lentinger Wirtschaftsvertreter Alexander Kessel interessierte besonders, wie die Staatsregierung die für Bayern bedeutende Exportwirtschaft künftig unterstützen werde. Über die Bedeutung des Auslandsgeschäfts für die bayerische Wirtschaft gebe es keine Zweifel, so Weigert. Umso wichtiger sei es, internationale Entwicklungen mit den richtigen Entscheidungen vorwegzunehmen. Bayern müsse auf neue Produkte, neue Märkte sowie neue Technologien setzen. Der Staatssekretär verwies beispielsweise auf das Engagement der Staatsregierung bei der Wasserstofftechnologie oder die Forschungsförderung in der Bio-/Medizintechnik.

Unternehmer Eduard Kastner aus Wolnzach nahm dieses Stichwort zum Anlass um zu fragen, wie gut die Staatsregierung darauf vorbereitet sei, eine zweite Corona-Welle zu stoppen. Nicht nur ein oder mehrere Impfstoffe, an denen aktuell geforscht werde, seien wichtig, sondern auch medikamentöse Therapien, so Kastners Fazit. Er appellierte an die Staatsregierung, Forschungsprojekte gegebenenfalls auch mit einer Bürgschaft zu unterstützen, um für die Firmen die Zeit der Investorensuche zu überbrücken.

Angesprochen auf die Perspektiven für die angeschlagene Automobilindustrie, die in der Region für zehntausende Arbeitsplätze sorgt, betonte Weigert, dass Corona die bereits zuvor herausfordernde Situation befeuert habe. Sein Fazit: Es gibt keine Alternative zur Transformation. Um zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen, begleite der Freistaat die Schlüsselbranche eng bei der Entwicklung alternativer und klimaverträglicher Antriebstechnologien, so Weigert. Mit dem Zukunftsforum Automobil hat Bayern bereits vor der Krise ein Förderpaket im Umfang von 300 Millionen Euro für den Transformationsprozess der Fahrzeug- und Zulieferindustrie aufgelegt.

Abschließend zu ihren Wünschen an die Staatsregierung befragt äußerten sich die Unternehmer sehr breit: von einer Corona-Medikation und ethisch vertretbaren Balance zwischen Lockerungen und Einschränkungen über Sonderabschreibungen für Bauinvestitionen der Industrie und des Hotel- und Gaststättengewerbes als Konjunkturstimuli, der Unterstützung der Auslandsaktivitäten von exportorientierten Unternehmen bis hin zu einem fairen Umgang mit dem Handel in seiner ganzen Bandbreite, sollte einer zweiter Lockdown kommen. Einig waren sich alle Gäste jedoch in einem Punkt: Ein zweiter Lockdown müsse unter Einsatz aller Kräfte unbedingt vermieden werden. „Den können wir uns definitiv nicht leisten.“