"Ein Spargelfeld ist kein Erdbeerfeld"

Erzeuger halten nichts vom Vorschlag, dass jeder Kunde auf dem Feld seine eigenen Stangen stechen soll

25.03.2020 | Stand 25.03.2020, 8:17 Uhr
Spargel −Foto: Hausmann

Erzeuger halten nichts vom Vorschlag, dass jeder Kunde auf dem Feld seine eigenen Stangen stechen soll

(ty) Spargel ernten wie auf dem Erdbeerfeld - geht das? Schrobenhausens Bürgermeister Karlheinz Stephan (CSU) hat in einem Offenen Brief einen ungewöhnlichen Vorschlag gemacht. Weil die Landwirtschaft durch das Wegfallen zahlreicher Saisonarbeitskräfte durch die Grenzschließungen vor immensen Herausforderungen stehe, wäre denkbar, das Spargelstechen heuer ähnlich wie die Ernte auf dem Erdbeerfeld anzugehen. "Hierdurch kann jeder seinen eigenen Spargel nach Unterweisung in die Technik unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregularien selbst stechen und verbrauchen", schreibt Stephan. Auch Freiwilligendienste zur Spargelernte müssten geprüft werden. "Die Vorschläge befinden sich in der Abstimmung mit dem Spargelerzeugerverband", so Stephan weiter.

Dort ist man von diesen Ideen nicht begeistert. Claudia Westner, die Vorsitzende des Spargelerzeugerverbands Südbayern, hält nichts davon, dass jeder seinen eigenen Spargel sticht. "Das geht nicht", stellt sie klar. "Man braucht eine gewisse Fachkenntnis", betont Westner.

Zudem könnten die Spargelerzeuger keine großen Menschengruppen auf die Felder lassen. Etwas anderes sei es, wenn ein Bus Interessierter auf einen Spargelhof komme und man eine Schauvorführung mache, bei der einzelne dann auch selbst das Spargelstechen probieren dürfen.

Dass aber Mitarbeiter auf den Feldern bereitstehen und potenzielle Kunden anleiten, sei nicht denkbar, so Westner. "Ein Spargelfeld ist kein Erdbeerfeld", betont sie. Deshalb sei die Spargelernte auch nicht mit Erdbeeren pflücken vergleichbar.

Statt auf Selberstechen durch die Kunden setzt Westner auf die Vermittlungsstelle für Erntehelfer, die der Erzeugerverband eingerichtet hat und die bereits erste Erfolge verzeichnet. "Die Hilfsbereitschaft der Leute ist gigantisch", freut sich die Verbandsvorsitzende über das Echo auf den Aufruf, bei der Spargelernte mitzuhelfen. Sie weist aber auch darauf hin, dass sich diejenigen, die sich melden, darüber im Klaren sein müssen, dass die Spargelernte eine anstrengende Tätigkeit sei, für die Durchhaltevermögen und Leistungsbereitschaft brauche. Erntehelfer müssten in den kommenden Wochen zur Verfügung stehen und außerdem mobil sein, also selbstständig auf die Spargelhöfe kommen. Als Entlohnung gibt es nach Auskunft der Verbandschefin den Mindestlohn sowie in fast allen Betrieben eine Zulage.

Weil sich die Situation beinahe täglich ändert, kann derzeit niemand genaue Angaben manchen, wo wie viele Saisonarbeitskräfte fehlen. Verbandsvorsitzende Westner selbst hat Glück. Diese Woche werden acht polnische Erntehelfer anreisen. Normalerweise beschäftigen ihr Mann und sie 16 Helfer während der Saison auf ihrem Betrieb, doch heuer wollen sie wegen des einbrechenden Absatzmarkts die Erntemenge zurückfahren.

Während polnische Arbeitskräfte einreisen dürfen, wenn sie eine Arbeitsbescheinigung vorweisen können, ist die Grenze nach Ungarn für rumänische Erntehelfer immer noch dicht. Viele Erntehelfer, die seit Jahren im Schrobenhausener Land arbeiten, können deshalb nicht ausreisen. Ganze Busse mussten an der Grenze nach Ungarn wieder umkehren. Etliche Saisonarbeitskräfte haben aber auch von sich angesichts der sich verschärfenden Krise abgesagt, weiß man beim Spargelerzeugerverband.