Aus dem Seehaus am Baggersee ist ein mediterranes Restaurant geworden
Ein Hauch von Mittelmeer in Ingolstadt

08.06.2022 | Stand 09.06.2022, 18:19 Uhr
−Foto: Schmatloch

Von Michael Schmatloch

„Könnt ihr euch eine schönere Location vorstellen?“ Eigentlich ist es eine rhetorische Frage, mit der Verena Pirschel und Stefan Tischner im Internet auf ihr Lokal aufmerksam machen. In der Tat gibt es kaum einen schöneren und romantischeren Fleck in Ingolstadt als den Baggersee, kaum eine schönere Stimmung als die, wenn man mit einem Cocktail in der Hand den Sonnenuntergang genießt.

Die Rede ist selbstredend vom Seehaus, das nach einer wechselvollen und nicht immer ganz vom Glück verwöhnten Geschichte nun endlich seinen Stil, seine Bestimmung gefunden zu haben scheint. Mit einem jungen, engagierten Pärchen, das in dieser Idylle aus der Pommes-Bude von einst ein bemerkenswertes Restaurant gezaubert hat.

Mit Wasser und Romantik verbinden wir natürlich in erste Linie den Süden Europas, Italien oder Spanien. Genau das dachten sich die 34-jährige Verena Pirschel und der 39 Jahre alte Stefan Tischner auch und haben sich und ihre Küche von diesen Ländern des Mittelmeeres leiten lassen. Tapas, Pasta, Salate, mediterrane Fleisch- und Fischgerichte dominieren die umfangreiche Speisekarte. Und sollte mal zwischendrin ein Gericht auftauchen, das irgendwie bajuwarisch anmutet, dann ist auch das mediterran interpretiert.

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Am 16. November 2019 haben die beiden ihr Seehaus eröffnet, „dem Winter vor Corona“, wie Verena Pirschel hinterherschickt. Den sie wie die Lockdowns danach mit „Sparsamkeit und durchgehendem Getränkeverkauf“ überlebt haben. „Wir haben keinen einzigen Angestellten entlassen“, so Pirschel, die viel Wert darauf legt, dass das Seehaus eben ein familiärer Betrieb ist. Mit mittlerweile sieben Festangestellten und 15 Aushilfen.

Und es könnten gerne noch mehr werden. Von der Servicekraft bis zum Koch, Verena Pirschel und Stefan Tischner sind nach wie vor auf der Suche. Denn die Personalproblematik ist nicht zuletzt daran schuld, dass das Seehaus Montag und Dienstag Ruhetag hat.

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Und noch mit einem anderen Problem haben oder besser gesagt hatten die beiden zu kämpfen. Denn mit dem Ruf des Seehauses stand es wahrlich nicht zum Besten. Oft hätten sie gehört „Da brauchst ned hinzugehen, da kann man nix essen.“ Doch den Kampf gegen den schlechten Ruf haben Verena Pirschel und Stefan Tischner inzwischen gewonnen. Sie haben aus der Pommes- und Currywurstbude ein veritables Restaurant mit hohem Anspruch gemacht. „Natürlich gab es am Anfang Beschwerden, weil es bei uns eben kein Schnitzel und keine Pommes gibt“, meint Stefan Tischner, „aber viele haben uns auch neu entdeckt und die gehobene Küche schätzen gelernt.“

Dass sie ihr mediterranes Konzept so souverän umzusetzen verstanden, liegt selbstredend auch daran, dass beide aus der Gastronomie kommen. Sie als Servicekraft und bekannt aus Lokalen wie „Hemingway“, „Glock’n“ oder „Kastaniengarten“, er als gelernter Koch.

Inzwischen seien sie bei den Gästen als Restaurant und eben nicht mehr als Ausflugslokal akzeptiert und geschätzt, als romantische Location für Hochzeiten, Geburtstage und andere Feiern. Oder eben als Restaurant, in dem man einfach sehr gut essen kann.

Und dank der viele Variationen von Tapas auf der Karte ist es auch heute noch möglich, nur eine Kleinigkeit zu essen oder aber ein Drei-Gänge-Menü. Und das ganzjährig. „Wir haben Sommer wie Winter von Mittwoch bis Sonntag geöffnet“, so Verena Pirschel. Man müsse nicht wie früher bei Regentagen überlegen, ob das Seehaus geöffnet sei.

Und neben den Tapas, die inzwischen 30 bis 40 Prozent der georderten Speisen ausmachen, sorgt Stefan Tischner in der Küche auch für die Extras wie Weihnachtsessen und Silvestermenü. Oder auch für ein romantisches Dinner am See mit fünf Gängen bei Kerzenschein.

Alleine die Karte für Tapas – von Oliven, Seranoschinken und Roastbeef bis zu Artischockenherzen, spanische Paprikawurst vom Grill, Datteln im Speckmantel, Garnelen oder Tintenfisch, Hähnchenbrust, Falafelbällchen und Baby-Back-Rips – ist schier endlos, aber auch Lachs- oder Zanderfilet, ein Vitelllo tonnato, Pasta Salsiccia, Gnocchi oder Burata machen einem die Wahl nicht leicht.

Und noch etwas verrät die Speisekarte: Die Zeiten von Biergarten und anspruchslosen Schnellgerichten sind im Seehaus (geöffnet Mittwoch bis Sonntag von 11.30 bis 22 Uhr, warme Küche bis 21 Uhr) vorbei. Auch die der lauten Partys, die in der Vergangenheit immer wieder zu Ärger geführt hatten. Disco-Nächte und Ibiza-Feeling wird es im Seehaus nicht mehr geben. Von Hochzeiten und Familienfeiern abgesehen also keine Veranstaltungen mehr.

Das heißt fast keine. Denn eines ist aus der Vergangenheit in positiver Erinnerung geblieben. Das sind die Klavierkonzerte aus der Reihe „Dream Concerts“, die vor der Corona-Zwangspause zuletzt von über 1000 Menschen besucht worden waren, auf der Terrasse des Seehauses wie auch entlang der Seepromenade. Die finden weiterhin im Seehaus statt. In diesem Jahr am 22. Juli und am 12. August. Beide Male ist der Pianist Jens Lohse zu hören. Einmal mit Popballaden und im August mit den schönsten Filmsongs von Charlie Chaplins „Smile“ bis zu Melodien aus aktuellen Fernsehserien.