"Die Vergleichbarkeit ist in diesem Jahr grenzwertig"

09.05.2021 | Stand 09.05.2021, 18:51 Uhr
Symbolbild. −Foto: Pexels

Viertklässler haben die Übertrittszeugnisse erhalten - Hilpoltsteiner Schulleiter Peter Benz hätte Elternwillen entscheiden lassen

(ty) Der Freitag in dieser Woche war ein wichtiges Datum im Leben der Viertklässler in Bayern - die Übertrittszeugnisse wurden überreicht.

Ein Dokument, das auf die weitere Schullaufbahn der Jungen und Mädchen enormen Einfluss hat. Wie so vieles im Schuljahr 2020/2021 fand auch dieser Tag coronabedingt etwas anders statt als normal.

An der Grundschule Hilpoltstein wurden die ersten Übertrittszeugnisse bereits am Donnerstag überreicht, berichtet Schulleiter Peter Benz. "Die Schüler sind im Tageswechsel immer einen Tag hier und einen Tag im Homeschooling. Wer am Donnerstag anwesend war, hat das Zeugnis bereits erhalten. Der anderen Hälfte wurden sie am Freitag ausgehändigt. " Große Aufregung gab es nicht, so Benz. "Ich habe die Klassen besucht und die Kinder waren sehr entspannt. Heutzutage wissen sie ja auch vorher schon ganz genau, welche Noten sie haben. "

Wegen Corona hätten die Schulleiter hier ein wenig mehr Spielraum bekommen. Nicht bei der Bewertung der Aufgaben, aber "wenn es sonst in Deutsch, Mathe und Heimat- und Sachkunde 14 Bewertungen sein mussten, konnten wir Rektoren in diesem Schuljahr eigenmächtig auf 13 oder auch 12 reduzieren, falls nötig", erklärt Benz. Er und seine Kollegen seien sich der schwierigen Situation für die Schüler bewusst und hätten generell "in dubio pro reo", im Zweifel für die Schüler entschieden. "Da steht ein Bub vor dir mit einem Notenschnitt von 2,53 und du schwankst bei der mündlichen Note zwischen zwei und drei. Da wird es sich ein Lehrer in der jetzigen Situation überlegen, ob er ihm wirklich eine Drei gibt", sagt Benz.

Man könne freilich nicht alle Schüler einfach durchwinken; "dann bräuchten wir kein Notensystem mehr", aber bis zu einem Notenschnitt von 2,6 hätte es einen pädagogischen Spielraum gegeben, sagt Benz. "Heuer hielten die Kollegen häufiger Rücksprache mit mir, wenn es um solche feinen Unterschiede in der Benotung ging. "

Deutlich kritischer und weniger verständnisvoll wird Peter Benz' Meinung in Richtung Kultusministerium in München - und das dürfe auch ruhig so geschrieben werden, wie er extra betont. "In dieser problematischen Lage heuer hätte ich bei der Übertrittsfrage den Elternwillen greifen lassen. Die Objektivität und Vergleichbarkeit ist in diesem Jahr sowieso grenzwertig. " Wer jetzt sein Übertrittszeugnis bekommen hat, sei die komplette vierte und die halbe dritte Klasse unter Coronabedingungen in der Schule gewesen.

"Selbstverständlich wäre die Entscheidung in Rücksprache mit der fachlichen Beratung und den Lehrern gefallen, aber unter diesen Bedingungen, da vertraue ich doch lieber auf die Eltern. Sie kennen ihr Kind am besten und überschätzen es beileibe nicht alle so heillos wie manch einer scheinbar denkt. " Ein verpflichtender Elternwille hätte nicht dazu geführt, dass 90 Prozent der Viertklässler auf das Gymnasium wechseln, ist Benz überzeugt.

Ein gutes Zeugnis stellt der Schulleiter seinen Kolleginnen und Kollegen aus. "Meine vier Viertklasslehrer haben sich sehr ins Zeug gelegt. Sie sind auf dem digitalen Gebiet auch alle topfit, von daher hatten wir einen sehr guten Unterricht. Trotz Corona. " Man habe alles dafür getan, um keinen "Corona-Jahrgang" entstehen zu lassen. "Aus meiner Sicht haben wir das Schuljahr vernünftig hinbekommen", sagt Benz. Das Wort gut wolle er vermeiden. "Gut ist es dann, wenn wir unseren normalen Schulbetrieb zurückhaben. "

Auch in Heideck gab es gleich zweimal Zeugnisse; für die eine Hälfte der Klasse am Donnerstag, für die andere am Freitag. "Natürlich haben wir in diesem Jahr weniger Proben geschrieben als sonst, die Leistungen wurden zusätzlich durch mündliche Noten ergänzt", erklärt Rektorin Martina Wirsing von der Grund- und Mittelschule Heideck. "Trotz der schwierigen Corona-Situation konnten wir aber ausreichend Noten bilden und eine valide Notenvergabe sicherstellen. "

Leicht war es natürlich nicht, nach dem halben Schuljahr 2019/2020, jetzt ein komplettes Jahr unter Coronabedingungen zu arbeiten, abgesehen von ein paar Monaten im Sommer. "Ein großes Lob von mir an Eltern, Kinder und Lehrkräfte. Alle haben sehr viel gearbeitet, egal ob daheim oder im Präsenzunterricht und wir können sagen, dass es im Großen und Ganzen gut gelaufen ist. "

Ob die Kinder ohne Corona von den Leistungen anders abgeschnitten hätten, wisse man nicht, so Wirsing. "Es besteht auch immer noch die Möglichkeit, am Vorbereitungsunterricht teilzunehmen. Der eine oder die andere, die unter Corona Schwierigkeiten hatten, werden dadurch den Übertritt erfolgreich schaffen", ist die Schulleiterin optimistisch. Zugleich aber auch etwas erleichtert, es geschafft zu haben: "Es war eine schwierige Zeit für alle Beteiligten", resümiert sie das zurückliegende Schuljahr.

Christian Graf, Rektor der Grund- und Mittelschule Thalmässing, ist mit dem diesjährigen Viertklassjahrgang zufrieden - sofern man momentan zufrieden sein kann. "Die Zeugnisse sind normal ausgefallen", was bedeutet weder auffallend schlechter noch auffallend besser als die Jahre zuvor. "Wir konnten mit den Proben auch genügend Noten erheben, um die Vorgaben des Ministeriums zu erfüllen, da die vierten Klassen ja schon etwas früher in den Präsenzunterricht zurückkehren durften", sagt Graf. Von einem Zeugnis zweiter Klasse könne daher keine Rede sein.

Außerdem seien Noten nicht alles: "Meine Kollegen können die Kinder sehr gut einschätzen. Wer macht auch im Distanzunterricht mit, wo liegen Stärken und Schwächen. " Vor diesem Übertrittszeugnis hätten auch besonders viele Eltern um Beratungsgespräche gebeten. "Der Großteil der Eltern sieht den eigenen Nachwuchs realistisch. Da kommt es auch vor, dass trotz geeigneter Noten die Realschule und nicht das Gymnasium gewählt wird", erklärt Graf.

In Thalmässsing wurde das "Grundschulabitur" auch über zwei Tage ausgehändigt. Wer am Donnerstag Präsenzunterricht hatte, bekam es schon da überreicht, vordatiert auf den Freitag. "Für ein Kind holte die Mutter das Zeugnis im Sekretariat ab, da es sich nicht testen will und deshalb nach den Vorgaben dauerhaft im Homeschooling ist", so Graf.