Die Stadtentwicklung muss weitergehen

Hohe Investitionen trotz sinkender Steuereinnahmen - Finanzreferent legt aktualisierte Haushaltszahlen vor

02.12.2020 | Stand 02.12.2020, 7:12 Uhr
Rathaus
Neues Rathaus −Foto: Schmatloch

Hohe Investitionen trotz sinkender Steuereinnahmen - Finanzreferent legt aktualisierte Haushaltszahlen vor

(ty) Es gibt eine Sphäre, in der kennen sich Ingolstädter Kämmerer und Finanzpolitiker nicht ganz so gut aus, weil sie dort nur selten hinkommen. Es handelt sich um den einstelligen Millionenbereich. Eurobeträge mit sieben Ziffern tauchen in den Berichten zur Finanzlage der Stadt Ingolstadt selten auf; jedenfalls in guten Jahren. Da ist man im Referat II überwiegend zwei- und dreistellig unterwegs: im Millionenbereich, versteht sich. Doch wegen der stark einbrechenden Steuereinnahmen als akute Folge des Virus-Dramas sowie der schon seit Längerem unheilvollen Struktur- und Absatzkrise in der Automobilindustrie zeigen in der Haushaltsplanung für die nächsten vier Jahre diverse Kurven nach unten - und das besorgniserregend. "Wir agieren teilweise im einstelligen Millionenbereich", berichtete Finanzreferent Franz Fleckinger am Dienstag im Finanzausschuss. Wie gesagt: Dort waren Ingolstädter Kämmerer seit der Weltwirtschaftskrise 2009 eher selten zugange. Heute schaut es danach aus, als drohten weitaus härtere Zeiten.

Fleckinger hat dem Stadtrat am 11. November den ersten Haushaltsplanentwurf präsentiert. Am gestrigen Dienstag legte er aktualisierte Zahlen vor, erstellt auch auf der Grundlage eines Berichts des Landesamts für Statistik vom 23. November sowie neuer Prognosen der Ar-beitsgruppe Steuerschätzung. Das Update zur Finanzlage lässt sich so zusammenfassen: Einige Kennzahlen sehen nun etwas besser aus und geben Anlass zu dezentem Optimismus. Wären da nicht andere Posten, die alles wieder eintrüben.

Erfreuliches meldete Fleckinger aus der Kategorie "Vorläufiger Jahrsabschluss 2020": Den Rücklagen muss weniger Geld entnommen werden als erst geplant: Statt 148Millionen Euro sind es nun 85Millionen. "Eine Verbesserung von 63 Millionen Euro, die wir in den Rücklagen lassen können", sagte der Referent. Gründe dafür seien etwa, "dass der Grunderwerb nicht annähernd so ausgeführt werden konnte wie geplant". Das spart einen zweistelligen Millionenbetrag, allerdings bremst es ein wenig die Stadtentwicklung. "Im Tiefbau konnten auch vier Millionen Euro eingespart werden", berichtete Fleckinger. Überhaupt kündeten alle Zahlen aus dem Baubereich von ei-ner "sehr positiven Situation".

Bei der Gewerbesteuer wurde der Wert gegenüber der Planung vom 11. November leicht erhöht: auf 40,4 Millionen Euro. Kein Vergleich zu fetten Jahren wie 2012 und 2013, als es 242 Millionen und dann 245 Millionen Euro in die Kasse der Stadt schwemmte. Doch im Corona-Jahr Nummer eins hätte das Minus im Budget angesichts der verzweifelten Lage vieler Branchen (man denke nur an die Kultur, das Veranstaltungsgewerbe oder die Hotellerie, um einige der brutal Getroffenen zu erwähnen) noch weitaus mächtiger ausfallen können. Rund 68 Millionen Euro stehen als Kompensationsbetrag des Freistaats in Aussicht, sagte der Finanzreferent. "Damit müssen wir bei der Gewerbesteuer 2020 nicht traurig sein. Aber der Schrecken kommt dann nächstes Jahr. "

Was für Aussichten. 2021 sind 48,2 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen prognostiziert. Für das Jahr 2022 stehen 82,4 Millionen im Plan. Nur wenig mehr (86 Millionen) sind es 2023. Mittelfristig wird das viel zu wenig sein, um all die Aufträge zu erfüllen, die Stadtrat und Verwaltung aufgeben oder die gesetzlich vorgegeben sind. Fleckinger erinnerte daran, dass zwischen 2021 und 2024 allein Schulbaumaßnahmen mit dem Gesamtvolumen von 139 Millionen Euro vorgesehen sind. Plus 20 Millionen Euro für die Kitas. Plus 60 Millionen Euro für Grunderwerb; denn die Stadtentwicklung muss weitergehen. Und das sind nur drei der Investitionsschwerpunkte.

Wie sich im Haushalt Licht und Schatten verteilen, zeigen noch weitere Geldquellen: Bei der Einkommensteuer wurden die Prognosen leicht nach oben korrigiert. Von 2021 bis 2024 könnte man insgesamt 2,5 Millionen Euro mehr kassieren als geplant. 2021 würden das dann 103,9 Millionen sein, im Jahr darauf 109 Millionen, 115 Millionen im Jahr 2023 und 122 Millionen Euro anno 2024. Bei der Umsatzsteuer könnten im gleichen Vier-Jahres-Zeitraum insgesamt rund 17 Millionen Euro mehr zusammenkommen als zunächst angenommen; nächstes Jahr wären das etwa 31 Millionen statt 26,6 Millionen Euro.

Doch was bei Gewerbesteuer, Einkommensteuer und Umsatzsteuer bis 2024 voraussichtlich mehr eingenommen wird - insgesamt 25,7 Millionen Euro - fressen drohende Einbußen bei den Schlüsselzuweisungen und beim Einkommensteuersatz wieder auf. Laut Fleckinger gut 35 Millionen Euro bis 2024. "Da gehen wir dann mit einem Saldo von minus 9,3 Millionen Euro aus dem Rennen. "

Also gerade noch im einstelligen Millionenbereich. Immerhin. Am Montag, 14. Dezember, stimmt der Stadtrat über den Krisenhaushalt 2021 ab.