Kaffeepreise steigen: Auch Ingolstädter Rösterei District Five hat Preise um zehn Prozent erhöht
Die Lust auf Kaffee geht ins Geld

15.05.2022 | Stand 15.05.2022, 8:06 Uhr
−Foto: Deck, dpa

Von Sandra Mönius

Eine kleine Auszeit, ein Wachmacher, der Abschluss des Essens - Kaffee genießt bei vielen Menschen einen hohen Stellenwert. 169 Liter trank jeder Einzelne in Deutschland im Schnitt vergangenes Jahr. Damit bleibt Kaffee das beliebteste Getränk, noch vor Mineralwasser und Bier. Insgesamt legte der Kaffeemarkt 2021 um 0,4 Prozent zu, nach einem Wachstum von 1,5 Prozent 2020, teilte der Deutsche Kaffeeverband in Hamburg mit.

Auch Kaffee wird wie so vieles andere teurer. So hat der führende deutsche Röster Tchibo im Februar zum zweiten Mal innerhalb von neun Monaten die Kaffeepreise angehoben. "Die Preise spiegeln das knappe Angebot insbesondere aus Brasilien wider", erklärte Rohstoffexpertin Claudia Wellenreuther vom Hamburger Forschungsinstitut HWWI kürzlich. "Die Auswirkungen der extremen Trockenheit zu Beginn der Saison und des anschließenden Frosts auf die brasilianische Ernte schlagen sich in hohen Preisen nieder."

Aus Brasilien beziehen auch Andreas und Michael Menrad aus Ingolstadt einen Teil ihrer Bohnen. Mit dem Café am Schloss, dem District Five Café und ihrer Rösterei sind sie Experten für alles rund um Kaffee. Ihre Bohnen kommen zudem aus Ruanda, Kolumbien, El Salvador, Honduras, Kenia, Äthiopien und Indonesien. "Wir beziehen unseren Kaffee direkt im Anbaugebiet über Importeure oder über Spezialitätenhändler, die die gewünschte Qualität liefern", erzählt Michael Menrad. 

Die Rösterei schließt Jahreskontrakte und ruft den Kaffee palettenweise ab. Drei Mitarbeiter rösten pro Monat etwa 1,8 Tonnen - an vier bis fünf Tagen pro Woche. Für jede Sorte wird ein individuelles Röstprofil erstellt. "Beim Einstellen wird viel probiert - auch um herauszufinden, welche Bohnen in Mischungen harmonieren", erzählt Michael Menrad. In der Pandemie habe sich die Nachfrage von Geschäftskunden hin zu Privatkunden verschoben. "Und viele Leute haben sich in dieser Zeit mehr mit Kaffee beschäftigt - das Kaffee-Wissen ist gewachsen."

Diese Erfahrung bestätigt der Kaffeeverband: Der Konsum daheim ist während der Pandemie um 2,1 Prozent gestiegen, während das Segment "Out-of-Home" 5,7 Prozent verloren hat. Damit einher geht ein Wachstum für ganze Bohnen, die zuhause gemahlen werden. Sie machten 2021 dem Verband zufolge 41 (Vorjahr: 37) Prozent des Marktes aus und rücken in die Nähe des klassischen Filterkaffees mit 47 (50) Prozent, für den oft bereits gemahlener Kaffee gekauft wird.

Von Lieferschwierigkeiten ist die Ingolstädter Rösterei im Moment verschont. "Es ist derzeit alles verfügbar, aber alles kostet mehr", sagt Michael Menrad. Es werde konstant seit zwei Jahren teurer, "aber wir haben immer unsere Einkaufsmengen so erhöht, dass wir den Preis lange halten konnten." Die erneuten deutlichen Steigerungen aber seien nicht mehr auszugleichen. "Wir haben unsere Preise um durchschnittlich zehn Prozent erhöht. " 

Von einer Erhöhung auf ähnlichem Niveau berichtet auch Petra Müller von der Kaffeerösterei PeRu - "das ist sortenabhängig und hat auch mit Ernteausfällen zu tun". In ihrem Familienunternehmen in Pöttmes konnte sie bislang immer alle Sorten anbieten. "Wo es gerade etwas kritisch wird, ist bei entkoffeiniertem Kaffee, weil die Nachfrage weltweit sehr hoch ist", erzählt Petra Müller. Die Bohnen bezieht sie zum Beispiel aus Äthiopien, Sumatra, Java, aus Guatemala, Mexiko, Nicaragua - alles über einen Importeur. Aber bei möglichen Engpässen einfach durchzutauschen, geht nicht: "Wir haben Kunden, die ganz genau wissen, welche Sorte sie wollen. Zudem haben wir unsere Mischungen, für die wir die speziellen Sorten brauchen." Bei ihnen wird einmal in der Woche geröstet, pro Monat rund 1,2 Tonnen. Am meisten nachgefragt wird dabei der Monsooned Malabar aus Indien. 

Keine Kaufzurückhaltung spürbar
Seit 13 Jahren gibt es die Rösterei PeRu in Pöttmes schon. Die Nachfrage hat sich in der Zeit etwas geändert: "Die Kunden wollen immer mehr säurearme, magenschonende Kaffees", erzählt Müller. Von einer Kaufzurückhaltung aber spürt sie trotz der höheren Preise nichts - "bisher zumindest, man weiß ja nicht, was noch kommt". Auch Michael Menrad weiß von keinen Beschwerden wegen höherer Preise: "Unsere Kunden verstehen das. Außerdem konnten wir zum Beispiel die Preise für Espresso-Mischungen zuvor sieben Jahre konstant halten."

Nicht nur schlechte Ernten bringen Probleme, auch die Transportpreise sind deutlich gestiegen. "Ein Container, der bislang 2000 Euro gekostet hat, kostet jetzt 20 000 Euro", berichtet Michael Menrad. "Dazu kommt, dass die beiden wichtigen Handelsplätze London und New York noch nie so geringen Lagerbestand hatten wie derzeit", sagt sein Vater Andreas Menrad. Und auch der Klimawandel wird wohl künftig Auswirkungen haben. "Voraussichtlich wird es nur noch einige Jahre Kaffee in der Art geben, wie wir ihn kennen, da die Herstellung doch wesentliche Massen an Wasser verbraucht", prognostiziert ein anderer Röster aus der Region. "In Zukunft wird es wohl Kaffee aus Nüssen oder etwas anderem geben. "

Einen Trend für diesen Sommer hat der Kaffeeverband bereits ausgemacht: Cold Brew. "Die niedrige Zubereitungstemperatur und längere Extraktionszeit sorgen dafür, dass mehr Koffein, aber weniger Bitterstoffe und ein geringerer Anteil bestimmter Säuren gelöst werden." Die Experten aus der Region haben einen ganz eigenen Lieblingskaffee: Petra Müller bevorzugt den Wildkaffee aus Äthiopien. Die bis zu 15 Meter hohen, wildwachsenden Bäume werden per Hand abgeerntet. Andreas Menrad mag am liebsten Filterkaffee aus Honduras, sein Sohn einen Espresso aus Indonesien.