Der Kampf gegen das Asphaltmonster

Bürgerinitiative geht seit Jahren gegen geplanten Ausbau der B16 vor

15.06.2021 | Stand 15.06.2021, 7:25 Uhr
B16 −Foto: Janda

Bürgerinitiative geht seit Jahren gegen geplanten Ausbau der B16 vor

Von Stefan Janda

Vom Wunsch einer Donautal-Autobahn ist im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen seit Jahrzehnten die Rede. Vom Wunsch einer Donautal-Autobahn ist im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen seit Jahrzehnten die Rede. Der frühere Landrat Richard Keßler, sein Nachfolger Roland Weigert und viele weitere Kreispolitiker haben den Ausbau der B16 zwischen Ingolstadt und Donauwörth ebenso forciert wie zahlreiche Wirtschaftsvertreter. Dass der Bund aus dieser Vision nun Realität machen will, ist unter anderem in Weichering vielen Bürgern ein Graus.

24 Kilometer, von der A9-Anschlussstelle bei Manching bis nach Neuburg soll die Bundesstraße 16 in Zukunft auf vier Spuren verlaufen. Den entscheidenden Beschluss hat der Bundestag im Dezember 2016 mit der Verabschiedung des Bundesverkehrswegeplans 2030 gefasst. Heute, rund viereinhalb Jahre später, ist auf der Straße noch nichts passiert. Und das soll nach Ansicht der Weicheringer Bürgerinitiative auch so bleiben. Gerade die Pandemie - und die zunehmende Heimarbeit - haben aus Sicht der Verantwortlichen einen Ausbau obsolet gemacht. "Dadurch haben wir eher weniger Verkehr", sagt Stefan Appel. "Genau solche Projekte müssen deshalb auf den Prüfstand", findet Joachim Gschrey. Zuletzt gingen die Planer am Staatlichen Bauamt in Ingolstadt von recht unterschiedlichen Belastungen der wichtigen Verkehrsader aus. In Neuburg-Feldkirchen sind es etwa 12000 Fahrzeuge pro Tag, an der Zufahrt zur A9 hingegen rund 30000. Dazwischen, also auch in Weichering, fahren ebenfalls zirka 12000 Autos und Lastwagen. Letztere machen etwa ein Sechstel dieser Anzahl aus. Die Fachplaner gehen angesichts dieser Zahlen von einer deutlichen Verbesserung durch den Ausbau aus. Im Detail sieht dieser künftig zwei Fahrstreifen in jede Richtung samt Mittelleitplanke sowie jeweils 2,5 Meter breiter Standspur vor. Summa summarum ergibt sich auf diese Weise eine autobahnähnliche Trasse mit einer Breite von 31 Metern, davon allein 24 mit asphaltierter Fahrbahn - ein Szenario, das die Bürgerinitiative verhindern will.

Aus Sicht vieler Weicheringer verläuft die Bundesstraße schlicht und ergreifend an der falschen Stelle. Ein Problem, das Ende der 1980er-Jahre seinen Anfang nimmt. Damals verläuft die Staatsstraße 2048 als Vorläufer der heutigen B16 noch mitten durch den Ort - für viele Bürger ein Unding. Die Ortsumgehung, so wie sie noch heute Bestand hat, erscheint daher wie der größte Segen. "Für einen vierstreifigen Ausbau bringt sie aber eher Nachteile", betont Appel. Nicht zuletzt deshalb stehen er und seine Gemeinderatskollegen dem Thema kritisch gegenüber. "Diese Entwicklung war damals einfach nicht absehbar", findet Gschrey. Mit ein Argument der Skeptiker ist die ohnehin komplizierte Situation in Weichering. Die Donau samt Auwald und die Bahnlinie grenzen den Kernort im Norden ein, im Süden ist es die B16. Deren Trasse trennt Weichering obendrein von der Osterfeldsiedlung sowie vom großen Ortsteil Lichtenau. "Wo sollen unsere Kinder irgendwann mal bauen", fragt Appel, selbst Familienvater.

Verkehrslärm, Flächenverlust, CO2-Emissionen, Raserei und die Verunstaltung der Landschaft - all diese Sorgen kommen in der Betrachtung der Bürgerinitiative noch dazu. "Wir leben ohnehin in einer flächenknappen Region", sagt Christian Lautner. Der Gemeinderat und Landwirt fürchtet nun um einen zusätzlichen Verlust von Acker- und Grünland. "Dabei haben wir schon jetzt nicht die Flächen, die unsere Betriebe bräuchten." Gleichzeitig sieht er massive Probleme für den langsamen Verkehr - also für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Nicht nur, weil bisher ein paralleler Weg fehlt. Obendrein ist eine autobahnähnliche Bundesstraße in seinen Augen für ein langsames Transportgespann richtig gefährlich. "Wir brauchen daher ein Konzept, wie unsere Landwirte zu den wichtigen Standorten in Rain und in Großmehring kommen", so Lautner. "Denn wir sind auf Gedeih und Verderb auf den Transport angewiesen." In Sachen Lärm erinnern Appel und Gschrey an die Bahn mit nächtlichen Güterzügen und auch an die Einflugschneise des Neuburger Nato-Flugplatzes, die Tag und Nacht ein Problem sein kann. Gleichzeitig ist nach wie vor nicht klar, ob es auf der B16 in Zukunft ein Tempolimit geben wird. Das Gesetz lässt hier viel Spielraum - ganz wie auf einer Autobahn. Entsprechend könnte der Schadstoffausstoß zunehmen. "Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten", zitiert Gschrey eine landläufige Meinung von Ausbaugegnern. In seinen Augen beißen sich außerdem die Überlegungen rund um den Schutz der Donau-Auen sowie das Naherholungsgebiet bei den Weicheringer Seen mit den Ausbauplänen.

Neu ist der Zusammenschluss Weicheringer Bürger nicht. Bereits vor gut zehn Jahren haben sich einige Gegner des B16-Ausbaus zusammengeschlossen und eine lose Vereinigung gegründet. Der Erfolgt seitdem? Da muss Appel schmunzeln. "Wir strampeln schon lange, haben aber zumindest einen Dialog erreicht", sagt er. Tatsächlich wissen die Verantwortlichen im Staatlichen Bauamt und auch die hiesigen Bundes- und Landtagsabgeordneten um die Forderungen. Selbst mit Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU) gab es schon einen Austausch. Gleichzeitig haben sich auch in Manching und im Ingolstädter Stadtteil Winden Initiativen gegen den Ausbau gegründet. Insgesamt machen auf diese Weise mehrere Hundert Menschen mobil. "Ob das hilft ist die große Frage", sagt Appel, der aber weiß: "Eventuell wird der Ausbau auf diese Weise nicht ganz so bombastisch."

Der Vorschlag der Kritiker klingt vergleichsweise simpel. Ihnen schwebt ein einfacher dreistreifiger Ausbau mit wechselnden Überholstreifen vor. "Jeder Pendler tut uns ja leid", sagt Appel, der durchaus Verständnis für den oft zähen Verkehrsstrom zeigt. Der dritte Streifen zwischen Weichering und Lichtenau, den die Bürger zähneknirschend akzeptiert haben, hat sich in seinen und den Augen seiner Mitstreiter aber bewährt. "Damit wären wir zufrieden." Vorausgesetzt, der Lärmschutz stimmt, Lichtenau bekommt eine sichere Anbindung an die B16 und es gibt ein Tempolimit. Gleichzeitig kann sich die Bürgerinitiative eine zusätzliche Schaldämmung über Photovoltaik auf den Lärmschutzwällen vorstellen. Sie fordern zudem, dass wenig langlebiger Flüsterasphalt in den Berechnungen keine Rolle spielt, dass der Personennahverkehr gestärkt und der Schwerlastverkehr auf die Schiene verlagert wird. "Und wir brauchen Transparenz bei den Verkehrszählungen", sagt Appel, der durch die Pandemie eine deutliche Reduzierung erwartet. Darüber hinaus wollen die Bürger Klarheit über die Kochheimer Brücke, die womöglich wegfällt. "Dann müsste der Verkehr komplett durch Weichering", sagt Gschrey.

Das geplante Paketzentrum der Deutschen Post zwischen Weichering und Maxweiler ist derzeit in aller Munde. Gleichzeitig wird Kritik an denjenigen Mitgliedern der Bürgerinitiative laut, die für das Projekt, aber gleichzeitig gegen den B16-Ausbau sind. Nur: Beide haben laut Appel ja erst mal nichts miteinander zu tun. Der Ausbau ist bekanntlich Ende 2016 beschlossen worden, die erste Anfrage der Post kam Anfang 2020. Gleichzeitig betonen die Vertreter des Konzerns, dass der vierstreifige Ausbau für den Standort nicht nötig wäre. "Das wird aber künftig wohl trotzdem im selben Atemzug genannt", fürchtet Appel, der als Gemeinderat ebenso wie Lautner besonders in der Kritik steht.