Der Abservierer

Wie Alfred Lehmann und das unverständliche Schweigen der CSU die politische Landschaft verändert haben

19.03.2020 | Stand 19.03.2020, 16:18 Uhr
Lehmann −Foto: Schmatloch

Wie Alfred Lehmann und das unverständliche Schweigen der CSU die politische Landschaft verändert haben

(ty) Wenn dieser Tage der eine oder andere die Straßenseite wechselt, wenn ihm Ex-Oberbürgermeister Alfred Lehmann begegnet, dann muss das nicht unbedingt mit der Angst vor zu viel körperlicher Nähe ob der Corona-Epidemie zu tun haben. Vielmehr mit dem Unwillen, dem Mann gegenüberzustehen, der die Kommunalpolitik in Ingolstadt mit seiner Sucht nach persönlichem Reichtum völlig aus den Gleisen geworfen und sie in ein extrem übles Licht getaucht hat. Dem Abservierer, der zweifelsohne wirtschaftlich viel für die Stadt bewegt hat, der aber auch im Nachgang nicht zuletzt durch das katastrophale Wahlergebnis für die bisherige Mehrheitspartei diese wirtschaftliche Prosperität zur Disposition stellt. Denn eine Kommunalpolitik im Sinne der CSU wird es die nächsten sechs Jahre wohl nicht mehr geben, da sich die politischen Verhältnisse in der Stadt fundamental verändert haben. Das desaströse Ergebnis der CSU war nicht zuletzt die Quittung der enttäuschten Wähler.

Die Quittung posthum für Lehmann sozusagen, die Quittung aber auch für eine Partei, die bis zuletzt an ihm festgehalten oder sich zumindest nicht deutlich von ihm distanziert hat. Nach dem rechtskräftigen Urteil wäre der richtige Zeitpunkt dafür gewesen. Das schüchterne Abrücken der CSU, als dann weiter ging mit ominösen Beraterhonoraren aus der Immobilienbranche, kam zu spät, viel zu spät. Und auch auf eine Trennung der Partei von ihm – in welcher Form auch immer – hat man vergeblich gewartet, obschon es dem Vernehmen nach diesbezügliche Hinweise aus der Parteizentrale in München gegeben haben soll.

Die CSU kann fürderhin mit 13 Sitzen weder eigene Anträge durchsetzen noch die anderer Parteien verhindern. Selbst wenn man die Freien Wähler mit vier, die Junge Union mit zwei und sogar noch die FDP mit zwei Sitzen rein hypothetisch dazuzählen würde, wären das immer erst 21 und damit weit unter einer entscheidungsfähigen Mehrheit.

Mit der AfD als Zünglein an der Waage sollte man da lieber nicht kalkulieren. Dennoch wird es durchaus interessant, wie der Stadtrat sich der neuen, ungeliebten Fraktion gegenüber verhalten wird. Einfach aus Protest den Sitzungssaal verlassen, wie das manche Räte gerne mal getan haben, wenn Ullrich Bannert sich zu Wort gemeldet hat, die Zeiten dürften vorbei sein. Denn immerhin vertreten die Räte der AfD mit ihren gut sieben Prozent und den vier daraus resultierenden Sitzen annähernd so viele Ingolstädter wie die Freien Wähler und mehr als BGI, Linke, FDP oder UDI. Das muss einem weiß Gott nicht passen, aber man muss es als den demokratischen Willen der Bürger akzeptieren.