Bei vielen Friseuren klingelt ununterbrochen das Telefon

25.02.2021 | Stand 25.02.2021, 6:12 Uhr
Auf Hochglanz poliert Helga Graunitz die Trennwände in ihrem Salon. −Foto: Brandl

Auch in Ingolstadt

(ty) Wie singt Figaro so schön in der Rossini-Oper "Der Barbier von Sevilla"? "Man ruft, man seufzt nach mir. Will mich bald dort, bald hier! " So ähnlich fühlen sich gerade die Friseure. Der Telefonanschluss vom Salon Eisele ist auch am Donnerstag pausenlos belegt, obwohl schon seit ein paar Tagen bekannt ist, dass ab 1. März endlich wieder jeder zum Schneiden und Föhnen darf. Es tutet und tutet und tutet. . .

Ebenso bei Sonja Rieke, die das Pech hat, neben dem Salon im Augustinviertel zu wohnen. Bei ihr klingelt nicht nur das Telefon, die Leute klingeln auch an ihrer Haustüre. "Aus dem Bett geklingelt haben sie mich auch schon, um halbe achte", sagt die Friseurmeisterin. Zudem seien die Fensterscheiben dauernd voller Nasen- und Fingerabdrücke: Spuren jener Verzweifelten, die mal schauen, ob vielleicht doch etwas geht bei Sonja. "Und was ich zum Kaffeetrinken eingeladen wurde - unglaublich. "

Die Saloninhaberin versucht, den Rest des Lockdowns zu genießen: "Die nächste Woche wird eine Katastrophe, und die übernächste auch. " Aber mag der Andrang noch so groß sein, an einer Tradition hält Sonja Rieke fest: Sie sperrt nicht am Montag, 1. März, auf, sondern erst am Dienstag. "Denn Montag ist unser Ruhetag - die Ruhe vor dem Sturm. " Zeit wird es, dass sich wieder die Profis um die Haare kümmern. "Manche Kundinnen habe ich gar nicht wiedererkannt auf der Straße mit ihren selbstgefärbten Haaren. "

"Färben ist jetzt das Allerwichtigste", sagt Helga Graunitz. "Da gibt es viel zu reparieren. Wenn der graue Ansatz immer mehr rauswächst, haben es manche aus purer Verzweiflung halt selbst versucht. Die Männer hingegen leiden mehr unter der Haarlänge. " Bei Helga Hair sind die ersten zwei Wochen ziemlich ausgebucht, und weil es pressiert, öffnet der Salon am Montag schon um 8 statt wie üblich um 12 Uhr.

Das Telefon von Eisele in Ingolstadt ist immer noch besetzt. Wir erreichen Helmut Eisele schließlich unter dem Anschluss seines Salons in Vohburg. Erst einmal macht er seinem Ärger Luft: "Im Fernsehen die Fußballer zu sehen, alle frisch geschnitten - das ist uns schon auf die Nerven gegangen. Er schnauft tief durch: "Aber jetzt sind wir alle froh, dass wir wieder etwas tun dürfen. Die Frauen wollen ihr Altersblond loswerden, das ist ihr Herzenswunsch. Sie wollen Farbe, sie wollen Strähnchen - sie wollen einfach wieder sie selbst sein. Da wird etwas auf uns zukommen, die Missgeschicke zu reparieren. " Einfach drüberfärben, damit sei es nicht getan. "Wir sind ja keine Maler. Das ist eine komplexe Geschichte und funktioniert teils nur mit Entfärben. "

Und das dauert. Stundenlang. Zeit und Platz sind aber gerade kostbar. Helmut Eisele nutzt den Vorteil seiner zwei Standorte: "In Vohburg sind wir in der komfortablen Situation, einen riesigen Salon mit 200 Quadratmetern zu haben. Strähnchen oder Balayage - solche Dinge können wir dort machen, mit genug Abstand. "

Ausgebucht bis Ende März ist der Friseur im Riesenwirt in Manching. "Größtenteils geht es um Farbe," sagt Michael Bauer. Viele Kundinnen hätten sich ihr Haarfärbemittel vom Salon abgeholt - "wir haben es durchs Fenster gereicht". Der Lockdown sei "heftig" gewesen. "Aber dann haben wir uns ein Projekt gesucht und eine Sauna gebaut. Jetzt freue ich mich wieder auf die Arbeit. "

Der Salon "Scherenkunst" in Gaimersheim ist für die nächsten drei Wochen ausgebucht. Nur drei Kunden werden gleichzeitig bedient. "Auch Kinder dürfen nur alleine hinein, aber wir haben ein großes Schaufenster, so dass die Muttis von draußen zuschauen können", erklärt Melanie Hiesch. Etliche Kunden hätten sie während des Lockdowns angebettelt: "Aber Hausbesuche habe ich strikt abgelehnt. Dazu bin ich zu ehrlich. " Nur ihrem Mann habe sie die Haare geschnitten. "Da weiß ja jeder, dass er an der Quelle sitzt. Jetzt freue ich mich auf meine Kunden und darauf, dass mein Konto bald wieder gedeckt ist. "