Bayern verschärft Corona-Regeln deutlich

Bayern fährt unter Söder weiter einen restriktiven Kurs

27.11.2020 | Stand 27.11.2020, 5:16 Uhr
Söder −Foto: SCHMATLOCH

Bayern fährt unter Söder weiter einen restriktiven Kurs

Von Alexander Kain

Nach der Bund-Länder-Einigung auf weitere Corona-Einschränkungen hat das bayerische Kabinett am Donnerstag die konkrete Umsetzung beschlossen. Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern wollte es Donnerstagfrüh noch verhindern, dass Bayern die Corona-Maßnahmen, die am Vorabend zwischen den Länderchefs und Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbart wurden - wie schon so oft in den zurückliegenden Monaten - nochmal deutlich verschärft. "Nicht noch eins draufsetzen" und "den Bogen nicht überspannen", mahnte er im Bayerischen Rundfunk. Es half nichts. Bayern fährt unter Söder weiter einen restriktiven Kurs. "Mir geht es nicht darum, dass Bayern Vorbild ist", tritt Söder Gerüchten entgegen, der weiß-blaue knallhart-Kurs diene vornehmlich seinen Karriereplänen in Berlin. "Wir sind stärker betroffen - also müssen wir mehr machen", so Söders Begründung.

So beschloss das Kabinett in seiner Sondersitzung am Donnerstag einen Dreiklang aus "Verlängern, Vertiefen und Helfen", wie Söder es nannte. Die bisherigen Maßnahmen, etwa, dass zahlreiche Einrichtungen von Gastronomie bis Fitnessstudios, Kultur bis Messen geschlossen, Veranstaltungen verboten und Amateursport nur alleine oder zu zweit durchgeführt werden dürfen, werden verlängert. Was Söder "vertiefen" nannte, ist in Wahrheit ein Bündel knallharter Verschärfungen, die ab kommendem Dienstag gelten sollen - etwa, wie in Berlin beschlossen, die Kontaktbeschränkung auf zwei Hausstände beziehungsweise fünf Personen (Kinder bis 14 Jahre ausgenommen). Eine Regel, die dann wegen des Weihnachtsfestes vom 23. Dezember bis 1. Januar auf zehn Personen aus dem engsten Familien- und Freundeskreis ausnahmsweise ausgeweitet wird. Außerdem sollen Wintersportler und andere Tagestouristen, die auch nur kurz in ein Risikogebiet im Ausland reisen, in Bayern künftig verpflichtend in Quarantäne müssen.

Eine zusätzliche Maskenpflicht gilt ab Dienstag vor Handelsgeschäften und Parkplätzen und "Örtlichkeiten der Öffentlichkeit" (Behörden regeln genaueres). Auch die Zahl der Kunden im Handel wird, wie in Berlin vereinbart, in Bayern reduziert - für die ersten 800 Quadratmeter Ladenfläche auf einen Kunden je zehn Quadratmeter, ab dann auf einen Kunden je 20 Quadratmeter. Und: Es wird seitens der Staatsregierung "empfohlen, auf Silvesterfeuerwerk zu verzichten". Auf belebten Plätzen wird es gänzlich untersagt. Allerdings, so Söder, habe ein Feuerwerk "keine pandemische Wirkung", wenn es auf dem Land oder dem eigenen Grundstück gezündet werde.

Wo Bayern aber zusätzliche Schärfe in die Maßnahmen bringt, ist in der "Hotspot-Strategie": Bei einer 7-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohnern von 200 gilt "automatisch" (O-Ton Söder) Wechselunterricht an den Schulen, wenn Mindestabstände nicht eingehalten werden können (außer Abschlussklassen und Förderschulen), sowie zeitlich gestaffelter Unterrichtsbeginn. Geschlossen werden Musik- und Fahrschulen, Märkte und Wochenmärkte. Es gilt auf Plätzen (Behörden legen sie fest) ein ganztägiges Alkoholverbot.

Ab einer Inzidenz von 300 gilt "ein Möglichkeitsspektrum", das von Reihentestungen mittels Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen bis Schulen und Kitas reicht. Vor allem soll dann das öffentliche Leben heruntergefahren werden: Ausgangsbeschränkungen (statt wie bisher Kontaktbeschränkungen) sollen das Verlassen der Wohnung nur noch bei triftigen Gründen erlauben, der Schulbetrieb wird weiter eingeschränkt, ebenso Dienstleistungsbetriebe, die "nicht notwendige Verrichtungen des täglichen Lebens betreffen", Besuche in den Alten- und Pflegeeinrichtungen werden weitergehend beschränkt und selbst Gottesdienste und Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz sollen "angemessen beschränkt" werden. Dass die Gastronomie heuer nochmal öffnen darf, da hat Söder keine große Hoffnung.

Dies Maßnahmen der "Hotspot-Strategie" würde (Stand: 26.11.) auch einen Großteil der Landkreise in Südostbayern betreffen. Die Stadt Passau sprengt sogar aktuell die Skala: Am Donnerstag überschritt die Stadt erstmals den Inzidenzwert von 400.

Bleibt schließlich noch "Helfen" - nämlich den Unternehmen, die unter den Lockdowns zu leiden haben. Da gelte, was der Bund beschlossen habe - mit einer Ausnahme: Die Hilfen, die Söder und Aiwanger vor zwei Wochen den Unternehmen in den schon vorzeitig in den Lockdown gegangenen Regionen wie Berchtesgadener Land und Rottal-Inn versprochen hatten, die würden nun doch nicht "hemdsärmlig" und "schnell" von Bayern abgewickelt - sondern vom Bund, und das Geld gebe es wohl erst im Januar.