Wo der Freistaat kommuniziert, soll das amtliche Regelwerk der Rechtschreibung gelten
Bayern sagt Sternchen und Pausen den Kampf an

22.09.2021 | Stand 22.09.2021, 7:41 Uhr
Gendern −Foto: Denk, dpa

Von Alexander Kain

Wie Bayern den geschlechtsbewussten Sprachgebrauch, das sogenannte Gendern, nun konkret umsetzen will, damit hat sich am Dienstag das Kabinett befasst. Ergebnis: Sprachpausen, Gendersternchen und Ersatzworte soll es nicht geben. Stattdessen gelten die üblichen Regeln der Rechtschreibung. Gendern sei "eine kulturelle Sollbruchstelle", so Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder nach der Sitzung. Er wolle keinen Zweifel daran lassen, dass "Gleichberechtigung absolut selbstverständlich und ein wichtiges Ziel" sei, bei dem es "großen Nachholbedarf" gebe, so Söder.

Deshalb habe er die Parität von Frauen und Männern zumindest für den CSU-Teil des Kabinetts umgesetzt (die Freien Wähler indes entsendeten drei Männer als Minister und eine Frau als Staatssekretärin). Er setze sich auch für die Quote in den Unternehmensvorständen und den Parteien ein, so Söder, "und ja, wir brauchen eine sensible Sprache." Deshalb sei es wichtig, dass sich dort, wo es staatliche Vorgaben gebe, etwa in Geschäftsordnungen oder Leitfäden, Männer und Frauen gleichberechtigt wiederfänden. "Aber wir sind gegen Übermaß, sondern für Augenmaß", sagte Söder, "wir sind für die richtige Balance. Und nicht für die Überforderung."

"Und vor allem: Es wird keine Sanktionen geben - Sprache ist frei", stellte Söder klar. Gerade an Bayerns Hochschulen könnte das relevant werden: Zwar habe es keine offiziellen Beschwerden gegeben, dennoch berichteten Teile der Studentenschaft, dass sie vor Prüfungen mehr oder weniger subtil darauf hingewiesen worden seien, dass mangelhaftes Gendern zu Punkteabzug führen könne, berichtet Hochschulminister Bernd Sibler.

„Die Verwendung des generischen Maskulinums entspricht nicht mehr den Gegebenheiten der Zeit", räumte Sibler ein. Deshalb sei die Ansprache etwa als "sehr geehrte Damen und Herren" oder "liebe Studentinnen und Studenten" richtig. Auch die Verwendung einer geschlechtsneutralen Anrede, etwa "liebe Studierende", sei richtig, so Sibler, schließlich gebe es ja auch die Debatte um geschlechtliche Diversität.

Aber was derzeit unterwegs sei an Gender-Sternchen und Leerzeichen, Binnen-I und Doppelpunkt, oder wo sogar "x-Endungen" (etwa "Professorix" für "Professorinnen und Professoren") verwendet würden, "da wird es unübersichtlich und uneinheitlich. Das schafft Verunsicherungen", so Sibler. Zweidrittel der bayerischen Hochschulen hätten eigene Gender-Leitfäden - die angeblich nur empfehlenden Charakter hätten.

Er habe deshalb in einem Schreiben an die Hochschulen klargestellt, dass vermeintlich korrektes Gendern in Prüfungen nichts zu suchen habe. "Prüfungen haben der offiziellen Amtssprache zu entsprechen", sagte Sibler. Hier sei "die Verwendung der deutschen Rechtschreibung zwingend" und "die Verwendung von Gender-Sprache kein bewertungsrelevantes Kriterium". Darauf werde Bayern künftig "intensiv achten".

Sprache soll verständlich und lesbar sein

"Verständlich, lesbar, sachlich, korrekt, rechtssicher und eindeutig" müsse Sprache sein, zitierte Sibler am Dienstag den Rat für die deutsche Rechtschreibung. Der Rat, so Sibler, sei zu dem Schluss gekommen, dass der Genderstern ebendiese Kriterien nicht erfülle. Deshalb weise er nochmal auf das amtliche Regelwerk hin, so Sibler.

"Frauen und Männer sind bei uns gleichberechtigt. Natürlich muss sich das in unserer Sprache wiederfinden", sagte auch Sozialministerin Carolina Trautner und stellte klar: "Frauen wollen auch explizit als Frauen angesprochen werden und nicht im männlichen Begriff enthalten sein." Gendern sei "von einer großen Emotionalität getragen", und die unterschiedlichen Medien und Gesellschaftsteile hätten für das Ob und Wie völlig unterschiedliche Formen gefunden. "Aber wir als staatliche Verwaltung sind dazu verpflichtet, auf eine verständliche und bürgernahe Sprache zu achten." Als Sozialministerin weise sie noch besonders darauf hin, dass "Sternchen, Unterstriche und dergleichen nicht barrierefrei" seien.