Die Zugkollision am Bahnhof Reichertshausen (Landkreis Pfaffenhofen) ist glimpflich ausgegangen. Die Fernverkehrsstrecke München-Ingolstadt ist inzwischen wieder frei, aber es gibt noch eine Einschränkung. Wie können solche Kollisionen von vornherein verhindert werden?
Nach dem seitlichen Zusammenstoß eines ICE mit einem Regionalzug im Landkreis Pfaffenhofen hat die Bahn die Strecke wieder weitgehend frei gegeben. Drei der vier Gleise sind wieder befahrbar, wie ein Sprecher der Deutschen Bahn in Berlin am Sonntag sagte. Es gibt demnach keine Zugausfälle und Umleitungen mehr, aber es kann weiterhin zu Verspätungen im Regionalverkehr kommen.
Derweil plädiert der Bahn-Experte Markus Hecht für besseren Schutz vor Zugkollisionen in Deutschland. Der Leiter des Fachgebiets Schienenfahrzeuge an der Technischen Universität Berlin fordert die Einführung eines bislang in Deutschland nicht zugelassenen Typs von „Entgleisungsweiche“. Dieser Typ von Weiche bringt Züge, die unvorhergesehen auf ein Hauptgleis fahren, vor einer Kollision zum Entgleisen. Zudem soll die Konstruktion dafür Sorge tragen, dass die derart entgleisten Züge sich zu der vom Hauptgleis abgewandten Seite neigen.
Auch am Sonntag gibt es weiterhin Einschränkungen.
Schutzweichen „nicht vorgeschrieben“
Schwerere Zugunfälle bei schnelleren Fahrten würden in Deutschland durch Schutzweichen vermieden, schrieb Hecht am Sonntag in seiner Antwort auf eine dpa-Anfrage. „Da dies sehr teuer ist und viel Platz braucht, wird das bei einfachen Situationen mit geringem möglichen Schadensausmaß wie am Unfallort nicht vorgeschrieben.“ Am Freitag war am Bahnhof Reichertshausen zwischen München und Ingolstadt ein Regionalzug mit einem ICE zusammengestoßen.
Die im Ausland üblichen Entgleisungsweichen oder „Einzungenschutzweichen“ seien in Deutschland nicht erlaubt. „Sie wären aber sehr viel besser, da viel billiger, brauchen weniger Platz und brauchen weniger Instandhaltung.“
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Noch immer viele Unklarheiten
„Ich habe schon öfter angeregt, dass die kostengünstigeren und zudem effektiveren, also besseren Lösungen wie Entgleisungsweiche oder Einzungenschutzweiche auch in Deutschland eingeführt werden sollten“, schrieb Hecht. „Aber da ist das Eisenbahnbundesamt nicht zu bewegen.“
Die Unfallursache ist bislang unbekannt, die Bundespolizei ermittelt. Insbesondere ist unklar, ob es sich um einen technischen Defekt oder menschliches Versagen handelte. Die Bundespolizei will die zwei Lokführer und den Fahrdienstleiter als Zeugen vernehmen. „Das passiert, wenn Signalbegriffe nicht beachtet werden und die Zugsicherung aus welchen Gründen auch immer nicht funktioniert“, erklärte Hecht. „Zugsicherung löst Zwangsbremsungen bei zu hohen Geschwindigkeiten aus und bei Überfahren „Halt“ zeigender Signale. Die Zugsicherung kann defekt gewesen oder überbrückt worden sein.“
Nach Angaben der Bahn hatten die Züge einander am Freitag gegen 14.15 Uhr an einer Weiche gestreift. Laut Polizei war die Regionalbahn gerade aus dem Bahnhof herausgefahren, als es zu dem Zusammenstoß mit dem durchfahrenden ICE kam. Mehrere Menschen wurden leicht verletzt.
− dpa