Das Ratsbegehren zu den Kammerspielen fordert einen Wahlkampf der besonderen Art
Auf zum letzten Gefecht

17.04.2022 | Stand 17.04.2022, 12:31 Uhr
−Foto: Schmatloch

Von Michael Schmatloch

Es gibt ein Wort, dass in Ingolstadt niemand mehr hören kann. Und das lautet „Kammerspiele“. Dennoch wird sich der Begriff zumindest bis zum 3. Juli noch tief im Schanzer Wortschatz verankern. Dann nämlich soll endlich Klarheit herrschen, Klarheit, ob die Kammerspiele nun an der Schutterstraße gebaut werden oder eben nicht. Denn an diesem Tag soll ein Ratsbegehren den Bürgern das letzte Wort lassen.

Und bis dahin werden sowohl die Befürworter als auch die Gegner wohl versuchen, so viele Jünger wie möglich um sich zu scharen, um dieses Ratsbegehren in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen. Die Befürworter des Baues an der Schutterstraße – der Verein „Freunde des Stadttheaters“ – waren am Samstag bereits aktiv und haben an einem Stand am Rand des Wochenmarktes Flyer verteilt. Zudem versuchen sie im Internet unter „#DeineSimmeDafür“, die potenzielle Stimmenzahl der Bürger ebenso zu erhöhen wie durch große Plakate an den städtischen Plakatwänden.

−Foto: Schmatloch

Die Gegner um die Freien Wähler, die über ein erfolgreiches Bürgerbegehren dieses Ratsbegehren erst möglich gemacht haben, scheinen indes noch ihren Sieg zu feiern. Zumindest an Ostern waren sie nicht erkennbar aktiv, um die Sache in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Dabei ist die Frage, die aktuell viele Menschen in Ingolstadt beschäftigt, die, wer es denn nun schaffen wird, die meisten Bürger in seinem Sinne zur Stimmabgabe zu bewegen. Befürworter oder Gegner? Denn dass die Mehrheit der Ingolstädter nicht nur gegen den Bau der Kammerspiele an der Schutterstraße ist, sondern generell gegen den Bau irgendwelcher Kammerspiele, diese düstere Überzeugung dürfte Gegnern und Befürwortern wohl gemeinsam sein. Die Frage ist nur, wie viele Bürger sich der „Mühe“ unterziehen, auch tatsächlich von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen.

Hätte es rückblickend Bürgerentscheide oder Ratsbegehren gegeben zu Themen wie dem Museum für Konkrete Kunst und Design in der Gießereihalle oder zur gesamten Bebauung des Gießereigeländes, beides wäre wohl nie entstanden. Was zumindest bei der mehr als fragwürdigen Bebauung des Gießereigeländes durchaus positiv gewesen wäre.

Gerade in kulturellen Belangen ist es allerdings nicht unbedingt die klügste Wahl, die Entscheidung über Wohl und Wehe der mathematischen Mehrheit zu überlassen. Denn die Hochkultur ist nun einmal jedermanns Sache nicht. Doch nun ist eben Jedermann aufgerufen, um über Standort und zwischen den Zeilen auch über die Notwendigkeit der Kammerspiele zu befinden.

Innerhalb von drei Monaten muss nun nach dem Beschluss des Stadtrates das Ratsbegehren durchgeführt werden. Diese Abstimmung findet an einem Sonntag statt. Und jeder Gemeindebürger ist stimmberechtigt. Das Ergebnis des Ratsbegehrens hat die gleiche Wirkung wie ein Stadtratsbeschluss und kann innerhalb eines Jahres nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden.

Letztlich gibt es auch noch ein sogenanntes Quorum für das Ratsbegehren, das festlegt, wie viele Bürger die im Ratsbegehren gestellte Frage beantworten müssen, damit es gütig ist. Es zählt die einfache Mehrheit und die ist im Paragraf 18a der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern festgelegt und gilt als erreicht, wenn (ab einer Einwohnerzahl von 100 000) zehn Prozent der Stimmberechtigten mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen. Nachdem der Stadtrat die im Bürgerbegehren der Freien Wähler gestellte Frage gedreht hat, bedeutet nun ein „Ja“, dass die Kammerspiele an der Schutterstraße gebaut werden.