Audi setzt in Zukunft auf Holz

06.11.2020 | Stand 06.11.2020, 11:51 Uhr
Bei der Endabnahme: Ein Drittel des Energiebedarfs am Audi-Standort Ingolstadt wird in der Lackiererei benötigt −Foto: Audi AG

Mit Biomasseheizkraftwerk

(ty) Es geht darum, den ökologischen Fußabdruck zu verbessern. Der Ingolstädter Autohersteller Audi will bis ins Jahr 2025 alle seine Standorte bilanziell CO2-neutral betreiben. Das ist ein zentrales Ziel des Umweltprogramms Mission:Zero. „Und wir sind auf einem guten Weg“, sagt Rüdiger Recknagel (kl. Foto). Er ist seit fünf Jahren Leiter Umweltschutz bei Audi und Umweltbeauftragter für den Standort Ingolstadt sowie Geschäftsführer der Audi Umweltstiftung.

CO2-neutral bis 2025: Das Audi-Werk in Brüssel hat das Ziel mit dem Produktionsstart des e-tron im Jahr 2018 bereits erreicht – als erster Großserienhersteller im Premiumsegment, wie der Konzern mitteilt. Auch das Werk in Ungarn meldete vor Kurzem Vollzug. Dort hat Audi gemeinsam mit Eon Hungaria die größte Photovoltaik-Dachanlage Europas in Betrieb genommen. Seit Jahresbeginn bezieht das Werk ausschließlich Grünstrom und seit 2012 nutzt Audi eine Geothermie-Anlage. Nun werden 70 Prozent der Wärme durch Geothermie, die restlichen 30 Prozent über Biogas erzeugt. Alles Weitere an Emissionen, was durch Strom und Wärme nicht abgedeckt werden kann, wird kompensiert, so Audi.
Bleiben also noch die Standorte in San José Chiapa (Mexiko), Neckarsulm und Ingolstadt. „Alle Werke sind unter Zugzwang und müssen schauen, wie sie das Ziel erreichen. Es wird schwer, aber wir werden es schaffen“, ist Recknagel überzeugt. „Wir bekennen uns zum Pariser Klimaabkommen und wollen als gesamtes Unternehmen bis zum Jahr 2050 bilanziell CO2-neutral sein.“

In der Automobilproduktion entstehen Kohlenstoffdioxid-Emissionen an mehreren Stellen – etwa durch die Bereitstellung von Strom und Wärmeenergie oder durch den Verkehr im Werk. In Ingolstadt ist man nach eigenen Angaben bei der Reduzierung etwa bei 70 Prozent. „Wenn sie ein Werk CO2- neutral machen, müssen sie erst einmal an den Strom denken, das sind etwa die Hälfte des Energieverbrauchs und zwei Drittel der CO2-Emissionen“, informiert Recknagel. „Wir beziehen jetzt 100 Prozent Grünstrom in allen Werken.“ In Ingolstadt kommt der grüne Strom demnach aus bayerischen und österreichischen Wasserkraftwerken – und zwar Last-genau. „Da haben wir lange drum gekämpft. Und wir haben Strom von unseren Photovoltaikanlagen auf dem Gelände – auch da planen wir noch mehr. Zwei Megawattstunden Strom können wir selbst erzeugen“, sagt Recknagel.

Aber wo lässt sich Energie sparen? „Am meisten sparen kann man immer in der Lackiererei“, betont Recknagel, der lange Zeit selbst deren Leiter war. Dort wird rund ein Drittel des Energiebedarfs des Werks Ingolstadt verbraucht. „Die neue Lackiererei fährt die Luft im Kreis und spart so 30 Prozent der Energie ein“. Auch Lack- und Wasserverbrauch wurden reduziert. „In der Lackiererei in Ingolstadt werden pro Stunde vier Millionen Kubikmeter Luft durchgesaugt – das ist genau das Volumen der Allianz Arena in München“, veranschaulicht der Umweltbeauftragte die Menge. Und mit Hilfe der Energieeinsparung könne man auch viel Geld sparen – um die zwei Millionen Euro seien das jedes Jahr im Werk Ingolstadt.

In einem Bereich jedoch gibt es noch Nachholbedarf − bei der Wärme. Seit dem Jahr 1998 gibt es die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsanlage. „In Ingolstadt waren wir ein Stück weit Vorreiter bei der CO2-Neutralität. Da haben wir das KWKK mit kombinierter Strom- und Wärmeerzeugung und Kälteerzeugung im Sommer mit rund 80 Prozent Wirkungsgrad“, sagt Recknagel. Seit 2004 gibt es die Abwärmenutzung aus der Müllverbrennung. Auch die Gunvor-Raffinerie hat Abwärme, die sie seit 2012 nach Ingolstadt bringt.

Was im Werk Ingolstadt also für eine CO2-neutrale Produktion noch fehlt, ist die CO2-neutrale Bereitstellung der restlichen Wärme. Deswegen hat Audi vor drei Jahren eine Fraunhofer-Studie anfertigen lassen. Die Studie hat 92 Technologien rausgefunden, davon verfügbar waren 85, integrierbar in die Netze 51 – „dann sind wir – was die Wirtschaftlichkeit und die Effizienz betrifft – beim Holz gelandet“, sagt Recknagel. „Holz hat für Ingolstadt Potenzial. Die ökonomisch und technisch am besten umsetzbare Möglichkeit ist ein Biomassekraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung.“ Gründe, die für Holz sprechen, gibt es viele: Holz ist regional, sicher und nachhaltig, verfügbar, aus lokaler Wertschöpfung. Es lässt sich genug im Umkreis von 100 bis 150 Kilometern um den Standort beziehen, es ist regenerativ und CO2-neutral. „So sind wir mit dem Ingolstädter Energieversorger Prolignis ins Gespräch gekommen. Jetzt hoffen wir, dass wir Kunde werden können“, sagt Recknagel. „Das Holz soll dabei nicht für Audi gefällt werden, sondern ein abfallstämmiges Holz sein.“

Kompensationszertifikate nach Gold-Standard – „das wird von unseren Fachleuten überprüft“, so Audi weiter – werden für die letzten fünf Prozent gekauft, für die Emissionen, die sich noch nicht vermeiden lassen, wie zum Beispiel der Verkehr im Werk. Das werde kompensiert, teilt Audi mit, am besten mit Projekten in der Umgebung.DK