Ingolstadt – Nach dem Ende der Theaterfreilichtsaison und bevor die Open-Air-Kinosaison beginnt, gehört die Bühne im Innenhof des Turm Baur den Musikern. Am 27. Juli wird das Georgische Kammerorchester live die Musik zum Stummfilm „Gold Rush“ interpretieren – dem Film, mit dem Charlie Chaplin 1924 quasi über Nacht weltberühmt wurde. Am 28. Juli präsentiert Werner Schmidbauer sein Album „Mia san oans“. Und am 29. und 30. Juli tritt Austria 4+ auf – bereits zum achten Mal in diesem Rahmen. Austria 4+, das sind Stefan Leonhardsberger, Stefan Pellmaier, Richard Putzinger, Peter Reisser und Martin Schmid. Seit 2011 bescheren sie dem Publikum Austropop-Seligkeit mit altbekannten Liedern von Wolfgang Ambros, Georg Danzer, STS, Hubert von Goisern, Rainhard Fendrich und vielen anderen. Ausgeschenkt wird Grüner Veltliner.
Herr Reisser, drei Schauspieler, zwei Musiker – und viel Austropop. Fast immer sind Ihre Konzerte ausverkauft. Warum funktioniert das so gut?
Peter Reisser: Hier in Bayern gibt es einen großen Fan-Pool für Austropop und wir sind ein Garant dafür, dass sich die Dinge nicht verändern. Viele unserer Besucher waren schon mehrmals bei unseren Konzerten und wollen immer die gleichen Lieder hören. Und weil wir die genauso gerne singen, bedienen wir diese Erwartungshaltung gern.
Was kann Austropop – was andere Musik nicht kann?
Reisser: Wir haben uns ja Musik von vor 30, 40 Jahren ausgesucht. Das muss man aus dem Kontext der Zeit heraus sehen: Damals hat sich die Mundart plötzlich in die Popmusik hineinbewegt und bot für viele Menschen, die Rock und Pop aus England oder den USA kannten, plötzlich Gelegenheit, all das in der eigenen Sprache zu hören. Durch den österreichischen Dialekt war eine schnellere Anbindung an die Gefühlswelt der Zuhörer möglich. Und es ist eben kein Schlager, sondern orientiert sich eher an Liedermacher-Traditionen wie Bob Dylan.
Was haben Sie denn früher gehört?
Reisser: Meine Musik-Sozialisation hat etwa mit 14 oder 15 Jahren begonnen – und da habe ich Smokie, Bay City Rollers, Deep Purple oder Pink Floyd gehört. In den Austro-Pop bin ich eigentlich erst mit Rainhard Fendrich eingestiegen.
2011 hat sich die Band gegründet – damals mit Ihnen, Richard Putzinger und Aurel Bereuter.
Reisser: Den Anfang markierte ein Eröffnungsfest im Theater: Da haben wir zwei Lieder gesungen und gemerkt, das stößt auf Resonanz. Daraufhin haben wir einen Late-Night-Abend organisiert, der so gut ankam, dass wir beschlossen, das auf professionellere Beine zu stellen. Also haben wir bei dem Musiker Martin Schmid angefragt. Das war genau in der Übergangszeit von Peter Rein zu Knut Weber – und wir brauchten einen Raum. Im Altstadttheater war dann der Start – mit fünf ausverkauften Konzerten.
Mit Ausnahme von ein paar Wechseln touren Sie immer noch in Originalbesetzung. Hätten Sie damals gedacht, dass sich die Band so lange hält?
Reisser: Wir haben uns darüber eigentlich keine Gedanken gemacht. Wir spielen, solange uns die Leute hören wollen. Uns kam zugute, dass Stefan Leonhardsberger sich mit Martin Schmid und dem gemeinsamen Programm schnell selbstständig gemacht hat − und wir darüber Veranstalter kennengelernt haben, die uns auch gebucht haben. Plötzlich hatten wir einen größeren Auftrittsradius – über Ingolstadt hinaus.
Wo touren Sie dieses Jahr?
Reisser: Dieses Jahr sind wir nur in der Umgebung unterwegs – in Vohburg, Moosburg, Landshut, Ingolstadt und Neustadt. Lauter Open-Air-Konzerte. Das weiteste waren mal zwei Konzerte in Oberösterreich. Aber wenn man im eigenen Land Austropop präsentiert, hat das eine völlig andere Wirkung. Da wurde uns mehr Skepsis entgegengebracht. Wir merken schon, dass wir in Deutschland eher als Botschafter auftreten.
Gibt es ein neues Programm oder vielleicht sogar eine neue CD?
Reisser: Mit den CDs, die wir bislang aufgenommen haben, decken wir eigentlich alles ab, was die Leute gern hören. Wir versuchen, das Programm immer wieder abwechslungsreich zu gestalten, neue Lieder auszuprobieren oder alte Lieder wieder aufzunehmen, die wir lange schon nicht mehr gespielt haben. Das Publikum will vor allem die Highlights des Austropop hören. Dieses Jahr haben wir von Fendrich „Die, die wandern“ und „Hupf in Gatsch“ von Georg Danzer neu im Programm. Dazu „Vo Mello bis ge Schoppornou“ von der Vorarlberger Band HMBC. Und ein bisschen neuen Austropop haben wir auch ausgesucht: „Expresso & Tschianti“ von Josh.
Wer sucht die Lieder aus?
Reisser: Eigentlich ist es bei uns sehr basisdemokratisch: Jeder bringt Vorschläge ein, dann diskutieren wir kurz und entscheiden schnell. Wir haben dieses Jahr auch mal überlegt, ob wir was von Wanda spielen. Aber wir haben schnell gemerkt, das hat mit uns nichts zu tun. Das ist nicht unsere Generation.
Auf der Bühne stehen Sie auch als Schauspieler – in der Regel Abend für Abend. Fühlt sich das als Musiker anders an?
Reisser: Ganz anders. Das Tolle ist, dass wir wirklich privat sein können. Es geht ja nicht um die große Show, sondern es ist eher so, als würden wir im Wohnzimmer musizieren – und laden Gäste dazu ein. Das ist unser Gefühl, mit dem wir auf die Bühne gehen. Das Schöne ist, das wir wir selber sein können.
Wie sind Sie unterwegs – gibt es statt eines Blues-Mobils ein Austropop-Mobil?
Reisser: Mittlerweile fahren wir alle wieder selber. Richard Putzinger hatte mal so ein Wohnmobil, einen VW California. Damit sind wir öfter zum Üben ein paar Tage campen gefahren: Männer unterwegs, die gekocht und musiziert haben. Zum Leidwesen des Campingplatzes vermutlich, aber uns hat es sehr viel Spaß gemacht. Das Mobil gibt es leider nicht mehr.
Haben Sie Lieblingslieder?
Reisser: Wenn wir Solo-Lieder singen, singt jeder meistens seine Lieblingslieder. Ich freue mich besonders auf die neuen im Programm, um zu sehen, wie sie ankommen, ob die Leute das mögen. Wir lieben die Ambivalenz zwischen Humor und Gassenhauer, aber auch schwermütigen Liedern – weil wir die Leute mitnehmen können auf diese Reise.
DK
Die Fragen stellte Anja Witzke
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Termine: 25. Juli Vohburg, 26. Juli Moosburg, 27. Juli Landshut, 29./30. Juli Ingolstadt, Turm Baur, 3. August Neustadt.