Ärzte lehnen Astrazeneca für medizinisches Personal ab

Kritik wegen zu geringer Wirksamkeit

17.02.2021 | Stand 17.02.2021, 8:52 Uhr
Der Ingolstädter Arzt Anton Böhm. −Foto: Bianca Hofmann

Kritik wegen zu geringer Wirksamkeit

(ty) Mit "zunehmender Skepsis" verfolgt Hausarzt und SPD-Stadtrat Anton Böhm das politische Vorgehen in der Corona-Pandemie.

In einem Schreiben an die bayerische Staatsregierung und das Gesundheitsministerium ist die Rede von "mehreren fatalen Fehlentscheidungen" der Vergangenheit. Gleichwohl scheine es, als würde diese negative Serie bei der Impfstoffpriorisierung fortgesetzt, so Böhm: "85 Prozent der Covid-positiven Patienten werden von den Hausärzten und ihren medizinischen Fachangestellten betreut bzw. abgestrichen, dies ist Fakt. Aber genau diese Berufsgruppen wie Ärzte, MFAs, Polizisten, Feuerwehrleute und Lehrer, die berufsbedingt sehr viele Kontakte haben, bei denen der Abstand nicht eingehalten werden kann, sollen mit dem Astrazeneca Impfstoff geimpft werden. " Dieser Impfstoff hat laut Böhm nur eine Wirksamkeit von zirka 74 Prozent und wirke, soweit man es im Moment beurteilen könne, auch etwas schwächer gegen die neu aufgetretenen Mutationen von Corona. Sicherer wären die RNA-Impfstoffe von Moderna und der deutschen BioNTech mit etwa 94 Prozent Wirksamkeit. Sein Verdacht: "Aber der Astrazeneca-Impfstoff hat einen großen Vorteil, er ist viel billiger, er kostet nämlich nur 2 Euro gegenüber 13 Euro bei dem RNA-Impfstoff. "

Das Risiko einer Mutationsübertragung sei bei der Unsicherheit dieses Impfstoffs enorm. "Andererseits verschlingen die von der BRD und vom Freistaat Bayern angeordneten, bürokratisch gesteuerten Impfzentren unerklärlich hohe Summen", kritisiert Böhm. Mecklenburg-Vorpommern zeige, es gehe viel kostengünstiger, auch Brandenburg steige um auf Impfungen durch niedergelassene Ärzte.

"Die Ärzte sind ziemlich frustriert", sagt auch Carsten Helbig, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Ingolstadt-Eichstätt. Nach einer ersten Rundmail habe er Rückmeldungen im zweistelligen Bereich bekommen. In einer zweiten Mail informiert der Kreisverband, dass Einzelfallentscheidungen in Bezug auf die Impfung einzelner Personen nicht mehr auf kommunaler Ebene, sondern auf Landesebene gefällt werden. "Es ist uns bisher trotz anfänglicher Zusage nicht gelungen, eine Impfung für die Kolleg*innen zu erreichen, die sich in Ingolstadt in der Betreuung der Asylbewerber engagieren", heißt es darin etwa. Helbig findet es "nicht in Ordnung", dass gerade die Niedergelassenen, die während der ersten Welle freiwillig in den Seniorenheimen Coronatests durchgeführt haben, jetzt einen Impfstoff bekommen sollen, der weniger wirksam ist. In Südafrika werde Astrazeneca nicht verimpft. "Wenn erhebliche Zweifel bestehen, wäre es vernünftiger, ihn einzulagern, bis weitere Erkenntnisse vorliegen", so Helbig zum DK. So weit will der Versorgungsarzt der Kassenärztlichen Vereinigung für Ingolstadt, Siegfried Jedamzik, nicht gehen. Die Wirkung sei in etwa so hoch wie bei der Grippeschutzimpfung, die auch nur einen 60-prozentigen Schutz biete. Doch auch Jedamzik ist dafür, Menschen mit hohem Infektionsrisiko, zu denen medizinisches Personal oder Pflegekräfte gehören, mit besser wirksamen mRNA-Vakzinen zu impfen. Der AZ-Impfstoff sei so sicher wie die anderen. "Allerdings lässt sich die geringere Wirksamkeit nicht wegargumentieren. "